"… Zu Recht hat das BG einen weiteren Anspruch des Kl. verneint. Dieser hat nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BG einen Schaden von maximal 11.750 EUR erlitten und hierfür von der Bekl. sowie in der Schlussverteilung insg. 20.307,07 EUR erhalten. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Kl. einen darüberhinausgehenden Anspruch gegen die Bekl. nicht auf die Feststellung einer höheren Forderung (33.530,15 EUR nebst 3.078,65 EUR Zinsen) zur Tabelle stützen. Die Annahme des BG, die Bekl. sei hieran nicht gebunden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden."

1.a) Wie das BG zutreffend erkannt hat, räumt § 110 VVG dem Geschädigten bei Insolvenz des VN ein Recht auf abgesonderte Befriedigung an dessen Freistellungsanspruch gegen den Haftpflicht-VR ein, so dass der Geschädigte den Haftpflicht-VR des Schädigers ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen kann (vgl. zu § 157 VVG in der bis 2007 geltenden Fassung [VVG a.F.] Senat VersR 2016, 783; VersR 2004, 634 jeweils m.w.N.). Voraussetzung für einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den VR ist aber – wie beim Zahlungsanspruch des VN – weiter, dass der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gem. § 106 S. 1 VVG festgestellt worden ist, weil dieser durch § 110 VVG keine weitergehende Rechtsstellung als der VN erlangt (vgl. zu § 154 VVG a.F. Senat a.a.O. m.w.N.). Eine solche Feststellung kann nach dem Gesetz auch durch ein Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs erfolgen, sei es durch den (nicht insolventen) VN, sei es durch den Insolvenzverwalter (…).

b) Der Senat ist zum VVG a.F. davon ausgegangen, dass in der widerspruchslosen Feststellung des Haftpflichtanspruchs des Geschädigten zur Tabelle ein Anerkenntnis i.S.v. § 154 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. liegt (Senat VersR 2004, 634 1991, 414; …). Hieran hält der Senat für das neue Recht (§ 106 S. 1 VVG) fest (ebenso Armbrüster, r+s 2010, 441, 453; Heinrichs in Staudinger/Halm/Wendt, VVG 2. Aufl. § 105 Rn 6; …). Gründe für eine abweichende Beurteilung sind – auch nach Würdigung des Parteivorbringens in der Revisionsinstanz – nicht ersichtlich.

c) Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der VR im Deckungsverhältnis gebunden ist. Nach dem VVG in der seit 2008 geltenden Fassung unterliegt das vom VN gegenüber dem Geschädigten erklärte Anerkenntnis zwar gem. § 105 VVG keinen bedingungsgemäßen Einschränkungen mehr, es bleibt aber grds. ohne Einfluss auf das Deckungsverhältnis. Verspricht der VN dem Geschädigten mehr als diesem zusteht, geht der Mehrbetrag zu Lasten des VN (BT-Drucks 16/3945 S. 86 li. Sp.). Nach dem Regelungsplan des neuen Rechts muss der VR die Möglichkeit haben, die Berechtigung des vom Geschädigten geltend gemachten Anspruchs zu prüfen (vgl. BT-Drucks 16/3945 S. 86 re. Sp.). Wird das Anerkenntnis ohne Zustimmung des VR abgegeben, kommt ihm bindende Wirkung i.S.v. § 106 S. 1 VVG deshalb regelmäßig nur in dem Umfang zu, in welchem eine Haftpflichtschuld des VN nach materieller Rechtslage tatsächlich besteht; Letzteres ist ggf. inzident im Deckungsprozess gegen den VR zu klären (so auch Armbrüster, r+s 2010, 441, 447; Heinrichs in Staudinger/Halm/Wendt, VVG 2. Aufl. § 106 Rn 13; …).

Vorstehendes gilt auch dann, wenn das Anerkenntnis durch widerspruchslose Feststellung des Haftpflichtanspruchs zur Tabelle erfolgt ist (Hofmann, Der Schutz von Dritten in der Insolvenz des Versicherungsnehmers, 2018, S. 249 f.; Bruck/Möller/Koch, VVG 9. Aufl. § 110 Rn 11; a.A. – ohne Auseinandersetzung mit der Rechtslage nach der VVG-Reform – OLG Nürnberg VersR 2013, 711 unter 1; wohl auch LG Koblenz r+s 2012, 447; BeckOK VVG/Car, § 110 Rn 3 [Stand: 1.2.2021]; Späte/Schimikowski/v. Rintelen, Haftpflichtversicherung 2. Aufl. AHB Ziff. 1 Rn 382; unklar Prölss/Martin/Lücke, VVG 31. Aufl. § 110 Rn 5). Anders als die Revision meint, wird der Geschädigte nicht im Insolvenzfall benachteiligt, wenn man die auch sonst für die Bindungswirkung von Anerkenntnissen nach § 106 S. 1 VVG geltenden Grundsätze heranzieht. Vielmehr käme es einer nicht gerechtfertigten Privilegierung des Geschädigten im Insolvenzfall gleich, wollte man dem Insolvenzverwalter die Befugnis einräumen, den VR zugunsten des Geschädigten zu belasten (vgl. BT-Drucks 16/3945 S. 86 li. Sp.).

d) Wie das BG zu Recht angenommen hat, ergibt sich aus der Rechtskraftwirkung der Eintragung in die Tabelle nichts Anderes.

aa) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO). Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§ 201 Abs. 2 S. 1 InsO). Diese Vorschriften sehen, wie die Revision selbst erken...

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