Das OLG Brandenburg befasst sich mit einem Sachverhalt, der in der Praxis so oder ähnlich recht häufig vorkommt. Die Entscheidung gibt Anlass, sich mit den praktischen Auswirkungen näher zu befassen.

Anfall der Einigungsgebühr

Zu Recht hat das OLG Brandenburg den Anfall einer Einigungsgebühr bejaht. Dies hat das OLG zutreffend auf den insoweit übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien gestützt. Soweit ein Dissens hinsichtlich des Umfangs der Kostentragung bestanden hat, geht das OLG zumindest von einer Teileinigung aus, die bereits zum Anfall der Einigungsgebühr führt.

In der Praxis muss aber darauf geachtet werden, ob diese Teileinigung die Berechnung der geltend gemachten Einigungsgebühr in vollem Umfang rechtfertigt. Das OLG Brandenburg hat sich in den Beschlussgründen mit dieser Frage nicht befasst. Dies war hier jedoch insoweit unschädlich, als sich der Dissens der Parteien nur auf einen Teil der Kostenregelung bezogen hat, nämlich auf die Frage, ob die Bekl. erklärt hat, im Falle der Klagerücknahme lediglich die Verfahrensgebühr zur Kostenfestsetzung anzumelden. Auf die Höhe der – hier wohl nach dem Hauptsachewert – angemeldeten Einigungsgebühr hat dieser Dissens keinen Einfluss. Denn gem. § 43 Abs. 1 GKG sind die Kosten als Nebenforderungen neben dem Hauptanspruch weder bei der Ermittlung des Streitwertes noch über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG bei der Bestimmung des für die Anwaltsgebühren maßgeblichen Gegenstandswertes zu berücksichtigen.

Erstattungsfähigkeit der Einigungsgebühr

Grundsatz

Die somit dem Prozessbevollmächtigten der Bekl. angefallene Einigungsgebühr ist auch gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig und von dem Kl. aufgrund der Kostenentscheidung des LG Neuruppin v. 1.4.2020 an die Bekl. zu erstatten. Im Übrigen ist auch dem Prozessbevollmächtigten des Kl. eine Einigungsgebühr angefallen, die dieser seinem Mandanten in Rechnung stellen kann.

Einwand des Verzichts

Das OLG Brandenburg hat zu Recht den Einwand des Kl. als nicht durchgreifend angesehen, die Bekl. hätte sich verpflichtet, im Falle der Klagerücknahme ausschließlich eine Verfahrensgebühr zur Festsetzung anzumelden. Die behauptete Vereinbarung beinhaltet einen Verzicht auf weitere angefallene Gebühren (und Auslagen) des Prozessbevollmächtigten der Bekl. Damit hat der Kl. gegenüber dem grds. in voller Höhe (siehe § 91 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO) der angefallenen Anwaltsgebühren und Auslagen bestehenden Kostenerstattungsanspruch einen Verzicht der Bekl. geltend gemacht. Solche materiell-rechtlichen Einwendungen sind im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu berücksichtigen.

Da das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten ist und aus diesem Grunde auf den Rechtspfleger bzw. auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen worden ist, ist nämlich in diesem Verfahren die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen nicht vorgesehen. Dies hat zur Folge, dass materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (BAG zfs 2015, 584 mit Anm. Hansens RVGreport 2015, 388 [Hansens] = = AGS 2015, 588 für eine Abgeltungsklausel; BGH RVGreport 2014, 318 [Ders.] = AGS 2014, 296 für eine Aufrechnung; BGH RVGreport 2010, 152 [Ders.] für die Anrechnung eines unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses bei einer Kostenquotelung). Der Rechtspfleger hat deshalb derartige Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu prüfen. Der Erstattungspflichtige muss seinen Einwand deshalb außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend machen. In Betracht kommt etwa die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss.

Materiell-rechtliche Einwendungen sind ausnahmsweise nur dann zu berücksichtigen, wenn sie keinerlei Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen. Gleiches gilt, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen des Einwandes unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Gerichtsakten ermittelt werden können. Nur in einem solchen Ausnahmefall sind materiell-rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen und vom Rechtspfleger zu bescheiden (BAG und BGH je a.a.O.).

Im Fall des OLG Brandenburg hatte der erstattungspflichtige Kl. mit dem geltend gemachten Verzicht zwar einen Einwand gegen den Erstattungsanspruch hinsichtlich der Einigungsgebühr und der Terminsgebühr erhoben, diesen jedoch nicht glaubhaft gemacht.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 5/2021, S. 285 - 287

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