"Die Berufung der Kl. ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg."

Das LG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kl. wegen ihrer erlittenen Unfallschäden gegen die Bekl. kein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld aus §§ 631, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 253 BGB zusteht, denn die Bekl. hat keine werkvertraglichen Nebenpflichten verletzt.

1. Nach allgemeinen Grundsätzen treffen den Unternehmer bei einem Werkvertrag nebenvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten, deren Inhalt und Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, insbesondere nach dem Beratungsbedarf des Bestellers und dem Fachwissen des Unternehmers, von dessen Vorhandensein im erforderlichen Umfang der Besteller ausgehen kann. Der Unternehmer ist nach Treu und Glauben verpflichtet, den Besteller auf alle Umstände hinzuweisen, die dieser nicht kennt, deren Kenntnis aber für dessen Willensbildung und Entschlüsse hinsichtlich des Werks von Bedeutung sind. Erkennt oder kann bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt eine Kfz-Werkstatt einen die Betriebssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigenden Mangel erkennen, dann begründet dies dem Kunden gegenüber eine Mitteilungspflicht, damit dieser eine Entschließung über Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels herbeiführen kann. Die Aufklärungs- und Beratungspflichten einer sachkundigen Werkstatt gegenüber dem Kunden erstrecken sich aber grundsätzlich nur auf das in Auftrag gegebene Werk und die damit zusammenhängenden Umstände. Die vertraglich übernommenen Verpflichtungen bestimmen und begrenzen insoweit auch den Umfang der Beratungspflichten. Vom Unternehmer, dem ein konkreter Reparaturauftrag erteilt worden ist, kann nicht verlangt werden, dass er auch sämtliche übrige Teile des Gegenstandes, an dem er seine Werkleistung zu erbringen hat, ohne besonderen Auftrag überprüft (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.2.2016 – 4 U 60/15 = NJOZ 2016, 806 m.w.N.).

2. Gemessen hieran kann der Bekl. im vorliegenden Fall keine Verletzung nebenvertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten zum Nachteil der Kl. angelastet werden.

Die Situation stellte sich für die Bekl. wie folgt dar:

Der Werkstattauftrag, den die Kl. ihr erteilt hatte, war konkret und bezog sich nur auf den Ausfall der Anzeige des digitalen Tachometers. Die Kl. sprach die Bremsen gegenüber der Bekl. überhaupt nicht an.

Soweit die Kl. weiter anführt, dass sie der Bekl. auch mitgeteilt habe, dass es in der Vergangenheit zu einem Ausfall des Hauptlichts gekommen sei, kann dieser Vortrag nicht berücksichtigt werden, denn die entsprechenden Ausführungen sind von der Bekl. bestritten worden und die Kl. hat für ihr streitiges Vorbringen keinen Beweis angeboten.

Nach dem Austausch der Batterie funktionierte der Tachometer bei einer anschließenden Probefahrt durch einen Mitarbeiter der Bekl. wieder; Probleme mit den Bremsen traten bei der Probefahrt nicht auf. Auch als die Kl. das Motorrad am Unfalltag bei der Bekl. abholte, funktionierte die Tachoanzeige.

Bei dieser Sachlage hatte die Bekl. keinen Anlass anzunehmen, dass durch den von ihr vorgenommenen Austausch der Batterie der Fehler nicht behoben worden war, sondern vielmehr noch immer ein bislang unentdeckter Fehler vorlag, der auch noch geeignet war, die Funktionstüchtigkeit des elektronischen Bremssystems in Mitleidenschaft zu ziehen.

Der erteilte Werkstattauftrag bezog sich konkret auf den Tachometer, mithin auf ein klar abgrenzbares Teil des Motorrades, dessen Funktion zunächst mit den Bremsen überhaupt nicht zusammenhängt. Eine intensive Überprüfung ganz anderer Bauteile des Motorrades konnte die Kl. aber ohne gesonderte Vergütung nicht erwarten; auf der anderen Seite wäre sie aber auch nicht zur Zahlung verpflichtet und sicher auch nicht bereit gewesen, wenn die Bekl. eigeninitiativ Überprüfungen an Teilen vorgenommen hätte, die in keinem Zusammenhang mit dem erteilten Auftrag standen.

Das LG hat auf der Grundlage der Gutachten der DEKRA zutreffend ausgeführt, dass das einzig erkennbare Indiz, die Verfärbung der Bremsscheiben, noch nichts über den Zustand der Bremsflüssigkeit aussagt, bzw. darüber, wann diese ausgetauscht worden ist, so dass sich hieraus allein auch keine nebenvertragliche Hinweispflicht der Bekl. herleiten lässt, wenn diese – wie im vorliegenden Fall – nicht auch mit allgemeinen Wartungs- und Inspektionsarbeiten, sondern allein damit beauftragt worden ist, den Tachometer zu reparieren.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Anzeige des Tachometers elektrisch ist und das Motorrad der Kl. auch über ein elektronisches Bremssystem verfügt.

Nebenvertragliche Hinweispflichten in Bezug auf die Betriebssicherheit des Motorrades bestehen im Übrigen schon deshalb nicht, weil bei einem Ausfall des elektronischen Bremssystems automatisch die herkömmlichen hydraulischen Bremsen wirken und für Verzögerung sorgen. Vor diesem Hintergrund würde es – eine Pflichtverletzung der Bekl. unterstellt – jedenfalls an einer Kausalität der Pflichtverletzung der Bekl....

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