Führt eine Ursache (z.B. Verkehrsunfall) den Erfolg herbei und verhindert damit, dass eine andere – auch hypothetisch zu betrachtende – Kausalkette (z.B. schwere Erkrankung, konjunktureller Arbeitsplatzverlust) sich ganz oder teilweise früher oder später auswirkt, kann die Ersatzpflicht gemindert oder ausgeschlossen sein.[14] Soweit insbesondere Erwerbsschäden, Heilkostenbedarf und vermehrte Bedürfnisse infolge einer bereits vorhandenen Erkrankung bzw. Disposition auch ohne das schadenstiftende Ereignis zu einem bestimmten Zeitpunkt ganz oder teilweise eingetreten wären (sog. Reserveursache), ist die Schadenersatzpflicht auf diejenigen Nachteile beschränkt, die durch den früheren Schadenseintritt bedingt sind.[15]

In diesem Fall ist der Schaden dem Schädiger nicht bzw. nur teilweise zuzurechnen. Ist eine Schadensanlage vorhanden, die zum gleichen Schaden geführt hätte, so ist die Schadenersatzpflicht auf diejenigen Nachteile beschränkt, die durch den früheren Schadenseintritt bedingt sind.[16] Aus Schädigersicht stellt sich jedoch das Problem, dass die Beweislast für den späteren Eintritt des Schadens beim Schädiger liegt. Diesen Beweis wird der Schädiger häufig nicht führen können.

[14] BGH v. 14.2.1995 – VI ZR 106/94 – NZV 1995, 230; BGH v. 25.4.1972 – VI ZR 134/71 – NJW 1972, 1515.
[15] BGH Beschl. v. 10.7.2018 – VI ZR 580/15 – NJW 2018, 3097 (Die Haftung kann aus Gründen der Kausalität entfallen oder zeitlich begrenzt sein, wenn der durch den Unfall ausgelöste Schaden aufgrund der Vorschäden auch ohne den Unfall früher oder später eingetreten wäre [BGH v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 347] = NZV 1996, 353); BGH v. 31.5.2016 – VI ZR 305/15 – DAR 2017, 75 = NJW 2016, 3785 (Zeigte sich bei dem Geschädigten schon vor dem schädigenden Ereignis eine rasche Progredienz der radiogeninduzierten und durch Nikotinkonsum verstärkten Gefäßschädigung, ist eine deshalb zu erwartende Zunahme der diesbezüglichen Behinderung in die Prognose des gewöhnlichen Laufs der Dinge, wie sie sich ohne das Schadensereignis entwickelt hätten, einzubeziehen); BGH v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95 – DAR 1996, 351 = NZV 1996, 353; BGH v. 23.10.1984 – VI ZR 24/83 – NJW 1985, 676. Siehe zur einem teils schicksalhaft, teils behandlungsfehlerhaft verursachten Gesundheitsschaden BGH v. 20.5.2014 – VI ZR 187/13 – NJW-RR 2014, 1118.

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