BRAO § 43; BORA § 16; BGB § 280 § 611 § 652

Leitsatz

Der Rechtsanwalt muss seinen Mandanten (hier im Hinblick auf eine arzthaftungsrechtliche Streitigkeit) zwar grds. auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch einen Prozessfinanzierer hinweisen, jedoch nicht (jedenfalls nicht ohne entsprechenden Auftrag) prüfen und darüber informieren, welcher Prozessfinanzierer für den Mandanten besonders günstig ist. Von einem Rechtsanwalt kann nicht ohne gesonderten Auftrag erwartet werden, dass er umfangreiche Marktrecherchen betreibt und mehrere Prozessfinanzierer kontaktiert.

OLG Köln, Beschl. v. 5.11.2018 – 5 U 33/18

Sachverhalt

Der Kl. hatte die beklagten Rechtsanwälte vor dem LG Köln auf Schadensersatz wegen angeblicher Verletzung des anwaltlichen Beratungsvertrags in Anspruch genommen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kl. hatte sich von den Bekl. in einer Arzthaftpflichtsache beraten lassen. Diese wiesen den Kl. auf die grundsätzliche Möglichkeit der Prozessfinanzierung hin und schlugen ihm einen bestimmten – tschechischen – Prozessfinanzierer vor, der sich einen Erlösanteil von 40 % ausbedungen habe. Dem Kl. war bekannt, dass weitere Unternehmen eine Prozessfinanzierung anboten, teilweise zu Erlösbeteiligungen unter 40 %. Die Bekl. lehnten jedoch ab, selbst Marktrecherchen vorzunehmen oder Kontakt zu anderen Anbietern aufzunehmen. Vielmehr erklärten sie dem Kl., sie würden einen anderen als den von ihnen selbst vorgeschlagenen Prozessfinanzierer erst dann kontaktieren, wenn der Kl. hierzu einen konkreten Vorschlag mache. Da ein solcher Vorschlag unterblieb, setzten sich die beklagten Anwälte mit dem von ihnen ausgesuchten Prozessfinanzierer in Verbindung und stellten bei diesem den Antrag auf Prozessfinanzierung. Nach einem umfangreichen Prüfprozess erteilte dieser dann die Finanzierungszusage. Der von dem Prozessfinanzierer übersandte Finanzierungsvertrag sah allerdings einen Erlösanteil von 50 % vor. Die beklagen Rechtsanwälte übersandten diesen Finanzierungsvertrag dem Kl., ohne ihn auf den höheren Erlösanteil hinzuweisen, der von dem dem Kl. in Aussicht gestellten Anteil von 40 % abwich. Der Kl. hat den Finanzierungsvertrag durchgelesen und ihn unterschrieben. Auf der Grundlage des Finanzierungsvertrags betrieb der Kl. dann vor dem LG Koblenz den beabsichtigten Arzthaftungsprozess, der durch Urt. v. 17.12.2014 zum Abschluss kam.

Mit seiner im Jahr 2016 vor dem LG Köln gegen die beklagten Anwälte erhobenen Schadensersatzklage hat der Kl. Schadensersatzansprüche i.H.v. rund 23.000 EUR geltend gemacht. Diese hat der Kl. weitgehend darauf gestützt, die Bekl. hätten ihn auf die Möglichkeit einer günstigeren und zuverlässigeren Prozessfinanzierung, die eine Finanzierung mit einer Erfolgsbeteiligung von lediglich 30 % ermöglicht hätte, hinweisen müssen. Das LG Köln hat die Schadensersatzklage abgewiesen. In seinem auf § 522 Abs. 2 ZPO gestützten Hinweisbeschluss hat der Berufungssenat des OLG Köln die Auffassung der Vorinstanz geteilt und darauf hingewiesen, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.

2 Aus den Gründen:

"… Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kl. kann von den Bekl. keinen Schadensersatz wegen einer Verletzung des anwaltlichen Beratungsvertrages gem. §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB oder gem. § 667 BGB verlangen."

Solche Ansprüche scheitern dabei nicht daran, dass bereits Verjährung eingetreten wäre. Denn erst mit Abschluss des Arzthaftungsprozesses durch Urt. des LG Koblenz v. 17.12.2014 konnte der Kl. erkennen, ob er obsiegt hatte und seinen Erlös mit dem Prozessfinanzierer nach Quote teilen musste; im Falle des Prozessverlustes hätte er keine Kosten tragen müssen. Er konnte also erst nach Prozessabschluss erkennen, ob ihm ein Schaden entstanden war, so dass die Klageerhebung im Jahr 2016 in unverjährter Zeit erfolgte.

Die im Einzelnen erhobenen Ansprüche stehen dem Kl. jedoch aus anderen Erwägungen nicht zu.

1. Anspruch auf Zahlung von 22.474,78 EUR

a. Soweit die Berufung die Auffassung vertritt, die Bekl. hätten aufgrund des anwaltlichen Beratungsvertrages die Verpflichtung gehabt, den Kl. auf die Möglichkeit einer günstigeren und zuverlässigeren Prozessfinanzierung, die eine Finanzierung unter Erfolgsbeteiligung von lediglich 30 % ermöglicht hätte, hinzuweisen, so besteht eine derart weitgehende Verpflichtung der Bekl. nicht.

aa. Soweit ersichtlich, sind zur Frage, inwieweit ein Rechtsanwalt über Möglichkeiten der Prozessfinanzierung beraten muss, bisher keine gerichtlichen Entscheidungen ergangen. Das OLG München hat sich in der Entscheidung v. 31.3.2015 (15 U 2227/14, AnwBl. 2015, 898 = NJW-RR 2015, 1333 ff.) lediglich mit der Frage befasst, inwieweit die Beteiligung eines Rechtsanwalts an einer Prozessfinanzierungsgesellschaft eine Umgehung des § 49 b BRAO darstellt, und hat in diesem Zusammenhang auch die Frage der Sittenwidrigkeit einer Erlösbeteiligung des Prozessfinanzierers von 50 % geprüft und verneint. In der Kommentarliteratur findet sich ebenfalls keine eingehendere Erörterung, wie weit ...

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