Mit nur wenigen Sätzen hat der BGH zutreffend ausgeführt, dass ihm die Korrektur seines eigenen Versehens, es unterlassen zu haben, gem. § 101 Abs. 1 ZPO auch über die Kosten der Streitverkündung zu entscheiden, nicht mehr möglich ist.

Unterlassene Entscheidungen

In der Hektik des Alltags kommt es leider nicht selten vor, dass Gerichte eine Entscheidung über einen Teil des ihnen unterbreiteten Sachverhalts vergessen. Das kann einen Teil der Hauptsache betreffen, aber auch eine Nebenentscheidung, etwa über die Zinsen oder die Kosten. In der Favoritenliste der vergessenen Kostenentscheidungen ganz oben steht die gem. § 101 Abs. 1 Hs. 1 ZPO gebotene Kostenentscheidung, nach der unter den dort bestimmten Voraussetzungen die durch eine Nebenintervention/Streitverkündung verursachten Kosten dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen sind. Wie der Beschluss des III. ZS des BGH und die von ihm herangezogenen weiteren Entscheidungen des BGH zeigen, ist auch der BGH vor derartigen Fehlern, die einem Bundesgericht eigentlich nicht passieren sollten, nicht gefeit. Ebenfalls auf der Liste der vergessenen Kostenentscheidungen steht beispielsweise die Entscheidung über die Mehrkosten bei Verweisung des Rechtsstreits gem. § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO, die dem Kläger aufzuerlegen sind oder die gem. § 344 ZPO zu treffende Entscheidung über die Kosten der Säumnis, die der säumigen Partei auch im Falle ihres Obsiegens aufzuerlegen sind.

Aufgabe des Prozessbevollmächtigten

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass der als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte tätige Rechtsanwalt nicht unbedingt darauf vertrauen darf, dass die Gerichte immer ihre Aufgaben korrekt erfüllen. So hat beispielsweise der BGH in seinem Urt. v. 25.6.1974 (NJW 1974, 1865) in einem Rechtstreit, in dem es um einen Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt ging, die Anwaltspflichten folgendermaßen beschrieben: "Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken (so BGH Urt. v. 17.9.1964 – III ZR 215/63 = LM BGB § 839 (G) Nr. 9 = VersR 1964, 1171, 1172). Daher muß er alles vorbringen, was die Entscheidung günstig beeinflussen kann."

Auf unseren Fall bezogen hätte somit der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin sich im Rechtsbeschwerdeverfahren für seine Mandantin schriftsätzlich melden müssen und den BGH darauf hinweisen müssen, bei Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bitte nicht die nach § 101 Abs. 1 ZPO gebotene Entscheidung über die Kosten der Streitverkündung zu vergessen. Dies kann auch der nicht beim BGH zugelassene vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte tun. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so hat der dann beauftragte Prozessbevollmächtigte, der beim BGH zugelassen ist – folgt man den Anforderungen des BGH an die Anwaltspflichten – seinem Sachantrag oder Sachvortrag noch folgende Worte anzufügen: "Im Hinblick auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums weise ich darauf hin, nicht die Entscheidung über die Kosten der Streitverkündung zu vergessen." Damit gewinnt der Rechtsanwalt bei den Richter-Kollegen sicherlich viele Freunde, erfüllt aber seine ihm gegenüber dem Mandanten bestehenden Anwaltspflichten.

Aufgabe der Prozessbevollmächtigten des von einer möglicherweise unterlassenen Kostenentscheidung betroffenen Beteiligten ist es somit, die dem Mandanten durch den niemals auszuschließenden Fehler des Gerichts drohenden Nachteile möglichst schon im Vorfeld, spätestens aber nach Erlass der unrichtigen oder unvollständigen Entscheidung abzuwenden. Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und hat das Gericht – wie hier der III. ZS des BGH – die gebotene Kostenentscheidung vergessen, hat der Rechtsanwalt nachträglich bei Gericht den richtigen Antrag zu stellen, damit die unterbliebene (Kosten-)Entscheidung nachgeholt werden kann.

Berichtigungsantrag

Häufig stellt der Rechtsanwalt der von einer unterbliebenen Kostenentscheidung betroffenen Partei in einem solchen Fall einen Berichtigungsantrag gem. § 319 ZPO, der an sich nicht erforderlich ist, weil die Berichtigung gem. § 319 Abs. 1 ZPO auch von Amts wegen erfolgen kann. Dabei wird vielfach übersehen, dass eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht in jedem Fall einer unrichtigen oder unterbliebenen Entscheidung in Betracht kommt. Vielmehr kann das Urteil oder der Beschluss nur dann berichtigt werden, wenn die versehentliche Abweichung des von dem Gericht Erklärten von dem Gewollten "offenbar" ist. Der BGH hat hier unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung, die ebenfalls auf Fehlern der damit befassten Senate beruht, herausgearbeitet, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Aus der Entscheidung selbst oder aus deren Zusammenhang muss sich nämlich nach...

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