Hinter der kurzen und m.E. richtigen Entscheidung des OLG Frankfurt verbergen sich einige Probleme, die jeder als Prozessbevollmächtigter in Zivilsachen tätige Rechtsanwalt erkennen und bewältigen sollte. Dies gilt umso mehr, als hier der Rechtspfleger des LG Frankfurt/Main bei Erlass seines Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 nicht aufgepasst hat. Der Prozessbevollmächtigte der Bekl. hat seinerzeit den Fehler des Rechtspflegers nicht bemerkt und hat die Kostenausgleichung einschließlich der Gerichtskosten nicht hinreichend überprüft. Dies führt hier dazu, dass nunmehr 15.172,73 EUR zu Lasten der Bekl. festgesetzt bleiben, obwohl ihr nach dem vom Rechtspfleger geänderten und jetzt vom OLG Frankfurt wieder aufgehobenen Beschl. v. 10.12.2019 ein Erstattungsbetrag gegen die Kl. i.H.v. 34.638,79 EUR zusteht. Daraus errechnet sich ein jedenfalls vorläufiger Schaden der Bekl. i.H.v. 49.811,52 EUR, wenn man von der Richtigkeit der Ausgleichung im Beschl. v. 12.2.2019 ausgeht.

Die Fehler des Rechtspflegers

Zunächst hätte der Rechtspfleger bei Erlass des Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 die durch Beschl. v. 31.8.2018 erfolgte Änderung der Streitwertfestsetzung berücksichtigen müssen. Die Bindungswirkung dieser geänderten Streitwertfestsetzung gilt nämlich nicht nur im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und seinem Rechtsanwalt, dessen Gebühren sich gem. § 32 Abs. 1 RVG ebenfalls an der – geänderten – Streitwertfestsetzung orientieren. Vielmehr bindet die Streitwertfestsetzung auch die Gerichte bei allen auf die Streitwertfestsetzung aufbauenden Entscheidungen (VerfGH Berlin RVGreport 2015, 349 [Hansens]). Folglich hätte der Rechtspfleger vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses entweder die Akten dem Kostenbeamten vorlegen müssen, damit er seine Gerichtskostenansätze vom 5.4.2017 der geänderten Streitwertfestsetzung anpasst. Oder der Rechtspfleger hätte im Rahmen seiner Kostenausgleichung die von der Kl. gezahlten Gerichtskosten von sich aus nur auf der Grundlage der auf 10 Mio. EUR geänderten Streitwertfestsetzung berücksichtigen dürfen. Beides hat der Rechtspfleger hier unterlassen, obwohl zum Zeitpunkt des Erlasses seines Kostenfestsetzungsbeschlusses am 10.12.2018 der Streitwertänderungsbeschl. v. 31.8.2018 längst in den Akten lag.

Die Versäumnisse des Beklagtenvertreters

Aber auch der Prozessbevollmächtigte der Bekl. hat nicht aufgepasst. Er hätte zumindest ahnen können, dass die in der Kostenausgleichung berücksichtigten Gerichtskosten noch nicht auf der Grundlage der Streitwertänderung berechnet worden sind. Das Problem ist allerdings, dass der Bekl. der gegen die Kl. gerichtete Gerichtskostenansatz nicht bekannt war und die Kostenrechnung ihr auch nicht mitgeteilt worden ist. Aus der Kostenausgleichung im Kostenfestsetzungsbeschluss ergibt sich lediglich, welche Gerichtskosten die Kl. gezahlt hat und welche sie nach der Kostenquote zu tragen hat, nicht hingegen, wie sich diese zusammensetzen oder nach welchem Streitwert sie berechnet worden sind. Deshalb habe ich in meiner Praxis in vergleichbaren Fällen dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine Kopie der Gerichtskostenrechnung beigefügt, damit die Parteien die Ausgleichung der Gerichtskosten rechnerisch und inhaltlich nachvollziehen können. Das hatte hier der Rechtspfleger des LG Frankfurt/Main nicht getan.

Gerade wegen dieser Ungewissheit, wie sich die ausgeglichenen Gerichtskosten zusammensetzen, hätte der Prozessbevollmächtigte der Bekl. in Kenntnis der Streitwertbeschwerde der Kl., jedenfalls in Kenntnis des Streitwertänderungsbeschl. v. 31.8.2018, entweder Akteneinsicht nehmen und/oder vorsorglich sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 einlegen müssen, um die Richtigkeit der Ausgleichung hinsichtlich der Gerichtskosten überprüfen zu können.

Da sich die Anwaltsgebühren gem. § 32 RVG ebenfalls nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert berechnen, hat die Streitwertänderung im Übrigen Einfluss auch auf die Berechnung der Anwaltsgebühren. Ob die Parteien in ihren Kostenfestsetzungsanträgen vom 7. und 27.8.2018 bereits gewissermaßen vorausschauend die am 31.8.2018 erfolgte Herabsetzung des Streitwertes auf 10 Mio. EUR berücksichtigt haben, ist nicht bekannt. Möglicherweise hat der Rechtspfleger in seinem Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 auch die Anwaltsgebühren nach einem zu hohen Gegenstandswert ausgeglichen. Dafür könnte die Differenz zwischen den in beiden Beschlüssen festgesetzten Kosten sprechen. Auch insoweit hätte der Prozessbevollmächtigte der Bekl. tätig werden müssen. Immerhin ging es hier um einen Betrag von knapp 50.000 EUR.

Weitere Verfahrensweise

Nachdem der Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 rechtskräftig geworden ist und auch – so die zutreffende Auffassung des OLG Frankfurt – seine Abänderung von Amts wegen nicht zulässig ist, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen die Bekl. ergreifen kann, um eine Entscheidung zu erhalten, die der Herabsetzung des Streitwertes auf 10 Mio. Euro Rechnung trä...

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