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II. Auf den zulässigen, insb. form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen und die Sache sodann dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen, §§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, 80a Abs. 3 S. 1 und S. 2 OWiG. Hierbei handelt es sich um die Entscheidungen der mitunterzeichnenden Einzelrichterin des Bußgeldsenats.

1. Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen. Es muss deshalb eine entscheidungserhebliche, noch klärungsbedürftige und abstraktionsfähige Rechtsfrage vorliegen (vgl. Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 80, Rn 3 m.w.N.).

2. So liegt es hier. Die Rechtsfrage, ob im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 S. 2, 1. und 2. Halbs. OWiG bei Ordnungswidrigkeiten auch außergewöhnlich gute wirtschaftliche Verhältnisse des Betr. als Grundlage der Bußgeldbemessung herangezogen werden können, um eine in einem Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße zu erhöhen, ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus für die Rspr. im Ganzen von Bedeutung. Sie ist auch entscheidungserheblich, da das Urteil im Übrigen rechtlicher Überprüfung Stand hält. Sie ist jedoch klärungsbedürftig, da sie in einer in der Kommentarliteratur zitierten Entscheidung des Thüringer OLG entgegen der Rechtsauffassung des Senats beantwortet wird (Gürtler in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 17, Rn 23).

III. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, so dass sie gem. § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zu verwerfen war.

1. Die auf die erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. nicht erkennen.

a) Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Betr. wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

b) Auch der von dem Betr. gerügte Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Überprüfung Stand.

aa) Das AG hat sich bei der Bemessung der Geldbuße rechtlich zutreffend an Nr. 11.3.6 der Tabelle 1c des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV orientiert und ist von der dort vorgesehenen Regelgeldbuße von 120 EUR abgewichen, weil es rechtsfehlerfrei außergewöhnlich gute wirtschaftliche Verhältnisse des Betr. festgestellt hat.

(1) Grundlage der Bußgeldbemessung bleiben auch im Anwendungsbereich eines Bußgeldkataloges die Kriterien des § 17 Abs. 3 OWiG (KG, Beschl. v. 10.3.2014 – 3 Ws (B) 78/14). Die Zumessung der Geldbuße gem. § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG ist zuvorderst an der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und dem Vorwurf, der den Täter trifft, ausgerichtet. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betr. kommen bei der Bemessung der Geldbuße gem. § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG nur “in Betracht', spielen also hierbei nur eine untergeordnete Bedeutung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.1.2017 – 2 Ss OWi 1029/16, Rn 12). Aus Gründen der Vereinfachung und der Anwendungsgleichheit enthält der Bußgeldkatalog als Anlage der BKatV Bußgeldregelsätze für im Einzelnen aufgelistete Verstöße. Systematisch stellen die Regelsätze des Bußgeldkatalogs Zumessungsrichtlinien im Rahmen von § 17 Abs. 3 OWiG dar (Grube in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, OWiG – Bezüge zum Straßenverkehrsrecht, Rn 28), die für die Gerichte grds. Bindungswirkung entfalten (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.10.2006 – 1 Ss 82/06, Rn 6). Ein Regelfall i.S.d. BKatV setzt voraus, dass die Tatausführung allgemein üblicher Begehungsweise entspricht und weder objektiv noch subjektiv Besonderheiten aufweist; besondere Umstände, die zur Verneinung eines Regelfalles führen, können dabei auch in der Person des Betr. liegen (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 24 StVG, Rn 64a; OLG Hamm, Beschl. v. 13.6.2013 – III-1 RBs 72/13, Rn 18). Die Regelsätze der Bußgeldkatalogverordnung gehen dabei von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen aus (Gürtler in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 17, Rn 29; Mitsch in: KK- OWiG, 5. Aufl., § 17, Rn 100; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.1.2017 – 2 Ss OWi 1029/16, Rn 12).

(2) Die Berücksichtigung außergewöhnlich guter wirtschaftlicher Verhältnisse ist im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 S. 2, 1. Halbs. OWiG ohne weiteres zulässig (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2001 – 2b Ss (OWi) 265/01 – (OWi) 64/01 IV, Rn 10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.10.2006 – 1 Ss 82/06, Rn 7, 8; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.2010 – 2 Ss OWi 1575/09, Rn 31, 32; Mitsch in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 17, Rn 90, 92; Gürtler in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 17, Rn 24 unter Hinweis auf die Regelung des § 28a Abs. 1 StVG). Allerdings hat das Gericht im Hinblick auf die Vorgaben des § 17 Abs. 3 OWiG Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu treffen, die dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung erlaube...

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