StGB § 211 § 212

Leitsatz

Zur Annahme von Tötungsvorsatz und von Mordmerkmalen bei Flucht vor der Polizei und Fahrt auf die Gegenfahrbahn.

BGH, Beschl. v. 16.1.2019 – 4 StR 345/18

Sachverhalt

Das LG hat den Angeklagten wegen Mordes verurteilt. Der BGH hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des LG als unbegründet verworfen.

2 Aus den Gründen:

"… Ergänzend bemerkt der Senat zu der Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes:"

Das LG hat den bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt und belegt. Nach den Feststellungen war dem Angeklagten, als er absichtlich im Übergangsbereich der Straße An der Alster in die Straße Ferdinandstor auf die Gegenfahrbahn der mehrspurigen nunmehr durch Verkehrsinseln getrennten innerstädtischen Straßen mit möglichst hoher Geschwindigkeit fuhr, bewusst, “dass es mit hoher, letztlich unkalkulierbarer und nur vom Zufall abhängender Wahrscheinlichkeit zu einem frontalen Zusammenstoß mit entgegenkommenden Fahrzeugen kommen würde.' Ihm war auch “bewusst, dass ein Frontalunfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod eines oder mehrerer direkter Unfallbeteiligter sowie eventuell zur Schädigung weiterer Personen führen würde.' All dies, auch der eigene Tod, wurde vom Angeklagten gebilligt, weil er “kompromisslos das Ziel, der Polizei zu entkommen', verfolgte. Der Zurechnung des eingetretenen Todeserfolges zu dem vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Kausalverlauf steht daher nicht entgegen, dass der Angeklagte nicht unmittelbar mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte, sondern infolge der Kollisionen mit dem Kantstein am rechten Fahrbahnrand und einer der Verkehrsinseln die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und nach Überqueren des Glockengießerwalls auf der gegenüberliegenden Seite, am Einmündungsbereich des Ballindamms, mit einer Geschwindigkeit von “ca. 130 bis 143 km/h' ungebremst frontal mit dem ihm entgegenkommenden Taxi des Geschädigten Y. kollidierte.

Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift steht der vom LG rechtsfehlerfrei festgestellten Verdeckungsabsicht nicht entgegen, dass das Schwurgericht “tatsachenalternativ' ein Handeln des Angeklagten in suizidaler Absicht festgestellt hätte. Das Schwurgericht hat vielmehr “nicht klären' können, ob “auch suizidale Gedanken mit motivgebend waren'; “im Ergebnis' – so das LG weiter – “war ihm die Chance auf ein Entkommen wichtiger als das sichere Überleben'; dies stellt das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht in Frage (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 211 Rn. 68b). Daher kann der Senat offenlassen, ob auch die Voraussetzungen des vom LG weiterhin angenommenen Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln erfüllt sind. …“

zfs 4/2019, S. 235

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