A. Einleitung

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hat der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Der Geschädigte hat u.a. das Recht, für die Dauer der Reparatur oder der Wiederbeschaffung einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen und die Kosten hierfür als Schadensersatz von der gegnerischen Versicherung erstattet zu verlangen. Den Mietwagen mietet der Geschädigte entweder bei einer professionellen Autovermietung oder – und das kommt in der Praxis häufiger vor – von einem Autohaus bzw. einer Reparaturwerkstatt an. Während bei den Autovermietungen alle Fahrzeuge als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen sein dürften, ist dies bei den Autohäusern oder Reparaturwerkstätten nicht immer der Fall. Hat es für den Geschädigten Auswirkungen bei der Geltendmachung der schadensbedingten Mietwagenkosten, wenn er ein nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassenes Auto anmietet?

Nachstehende Beispielsfälle sollen zur Veranschaulichung dienen:

 

Fall 1

Der Unfallgeschädigte G kommt nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ins Autohaus A. Für die Dauer der Reparatur (fünf Tage) vermietet ihm das Autohaus einen Mietwagen. Dabei wird im Mietvertrag ein Preis von 70 EUR brutto pro Tag festgehalten; eine Kilometerbegrenzung besteht nicht; für die Vollkaskoversicherung wird eine Selbstbeteiligung von 500 EUR vereinbart. Dem Geschädigten ist nicht bekannt, wie das Mietfahrzeug zugelassen ist. Die Rechnung über 350 EUR macht der Geschädigte bei der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend. Diese fordert die Zulassungsbescheinigung Teil I an. Aus dieser ergibt sich, dass das Mietfahrzeug als "Mietfahrzeug für Selbstfahrer" zugelassen ist. Die Haftpflichtversicherung erstattet dem Geschädigten die 350 EUR.

 

Fall 2

Der Unfallgeschädigte G hat wenige Monate später wieder einen unverschuldeten Verkehrsunfall und mietet auch dieses Mal für die Dauer der Reparatur (fünf Tage) im Autohaus A einen Mietwagen an. Das Procedere läuft wie in Fall 1 ab. Jedoch kann in diesem Fall nicht mittels der Zulassungsbescheinigung Teil I nachgewiesen werden, dass das Mietfahrzeug als "Mietfahrzeug für Selbstfahrer" zugelassen ist. Es handelt sich bei dem Mietwagen um einen Vorführwagen, da die im Autohaus A verfügbaren Mietfahrzeuge für Selbstfahrer bereits anderweitig vermietet waren. Die Haftpflichtversicherung erstattet dem Geschädigten nur 150 EUR, also 30 EUR pro Tag.

B. Definition "Mietfahrzeug für Selbstfahrer"

I. Gesetzliche Definition

Als "Mietfahrzeug für Selbstfahrer" werden Fahrzeuge bezeichnet, die "ohne Gestellung eines Fahrers gewerbsmäßig vermietet werden, ohne dass sie für den Mieter zugelassen sind", § 13 Abs. 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Die Verwendung als Mietfahrzeug für Selbstfahrer ist nach § 13 Abs. 2 S. 2 FZV der zuständigen Zulassungsbehörde anzuzeigen; nach § 13 Abs. 2 S. 3 FZV ist zur Eintragung der Verwendung des Fahrzeugs der Zulassungsbehörde die Zulassungsbescheinigung Teil I vorzulegen.

II. Jährliche Hauptuntersuchung

Mietfahrzeuge für Selbstfahrer müssen alle zwölf Monate zur Hauptuntersuchung[2] und benötigen eine besondere Kfz-Haftpflichtversicherung. Dies kann dazu führen, dass die Kosten für Mietfahrzeuge für Selbstfahrer für die Autovermieter höher sind. Allgemeine Pkw müssen nach Erstzulassung erst nach 36 Monaten, dann alle 24 Monate zur Hauptuntersuchung vorgestellt werden.[3] Die Kosten für die Hauptuntersuchung mit Abgasuntersuchung betragen beim TÜV direkt – je nach Modell, Prüfstelle und Region unterschiedlich – zwischen 95 und 110 EUR.[4] In den Kfz-Werkstätten wird die Hauptuntersuchung mit Abgasuntersuchung für 100–120 EUR angeboten. Die Pflicht zur jährlichen Hauptuntersuchung kommt aber bei Mietwagen kaum zum Tragen. Die meisten Vermieter bringen ihre Mietfahrzeuge nach wenigen Monaten als Gebrauchtwagen wieder in den Markt.

[2] Vgl. Anlage VIII zur StVZO, Ziff. 2.2.
[3] Vgl. Anlage VIII zur StVZO, Ziff. 2.1.2.1.

III. Versicherungsschutz

Wer sein Fahrzeug gegen Entgelt verleiht, benötigt hierfür einen speziellen Versicherungsschutz. Bei den klassischen Policen für eine Kfz-Versicherung ist die gewerbliche Verleihung i.d.R. ausgeschlossen. Die Tatsache, dass Mietfahrzeuge regelmäßig von verschiedenen Personen gefahren und häufiger als andere Fahrzeuge genutzt werden, stellt für Versicherungen ein schwer zu kalkulierendes Risiko dar, was zu erhöhten Prämien führt. Mittlerweile bieten die Versicherungen für das Kfz-Gewerbe sog. All-/Multi-Risk-Policen an, bei denen zahlreiche Versicherungssparten (z.B. Betriebshaftpflicht, Geschäftsinhaltsversicherung, Tätigkeitsschäden, Handel- und Handwerksversicherung, Kfz-Versicherung für die einzelnen Firmenfahrzeuge) in einer Versicherungspolice zusammengefasst sind. Die Fahrzeugvermietung ist in solchen Verträgen als Baustein mit abgedeckt, sodass die von den Autohäusern oder Kfz-Werkstätten vermieteten Mietwagen allesamt ausreichenden Versicherungsschutz haben dürften.

C. Gespaltener (Tarif-)Markt

I. Begriff

Auf dem Markt für Mietwage...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge