Durch Vorlage der Mietwagenrechnung beziffert der Geschädigte gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung seinen Schaden. Da der Geschädigte nur die "erforderlichen" Mietwagenkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattet bekommt, finden Kürzungen durch die Haftpflichtversicherungen bzw. Korrekturen durch die Gerichte statt. Die Tatsache, dass manche Mietfahrzeuge nicht als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen sind, veranlasst einige Haftpflichtversicherungen dazu, diese als Werksattersatzwagen zu behandeln und nur einen Werkstattersatztarif zu bezahlen. Wie haben die Gerichte bisher entschieden?

1. Nur Werkstattersatztarif

Nach Ansicht einiger Gerichte[32] ist ein Mietfahrzeug, das nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist, wie ein Werkstattersatzwagen zu behandeln, so dass dem Geschädigten nur der (günstigere) Werkstattersatztarif zusteht.

Begründet wird dies wie folgt:

Das Autohaus als Autovermieter verstößt gegen die Zulassungsvorschriften: Ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer muss als solches zugelassen werden.
Das Autohaus handelt im Vergleich zu anderen Autohäusern, die die Mietwagen als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zulassen, wettbewerbswidrig.
Das Autohaus erspart sich aufgrund der nicht jährlich anfallenden Hauptuntersuchung und der geringeren Versicherungsprämie Kosten.
Die Überlassung eines Werkstattersatzwagens ist betriebswirtschaftlich anders einzuordnen als die Überlassung eines Mietfahrzeugs für Selbstfahrer. Ein Werkstattersatzwagen ist nicht dazu bestimmt, durch gewerbliche Vermietung Einnahmen zu erzielen, sondern wird für den normalen Kunden, der sein Fahrzeug zum Kundenservice bringt, bereitgehalten.
Der Verwaltungsaufwand für ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer ist höher (Mietverträge ausfüllen, regelmäßiges Reinigen und Warten, Ausgabe und Rückgabe Mietwagen).
Für den Fall, dass im Mietvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über den Mietpreis getroffen wurde, gilt die angemessene und ortsübliche Miete. Hierbei ist zu differenzieren, welchen "Status" das überlassene Mietfahrzeug hat. Der angemessene Preis für ein nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassenes Mietfahrzeug ist nicht mit dem Preis für ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer gleichzusetzen.
Maßgeblich ist bei der Vermietung eines Werkstattersatzwagens der ortsübliche und angemessene Tarif für einen solchen Werkstattersatzwagen.
Die gängigen Schätzgrundlagen (Fraunhofer- und Schwacke-Mietpreisspiegel) wurden nur für Mietfahrzeuge für Selbstfahrer erstellt.

Im Ergebnis wird auf die (betriebswirtschaftliche) Sicht des Autovermieters abgestellt und das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter betrachtet.

[32] AG München, Urt. v. 4.7.2016 – 315 C 1252/16; AG Regensburg, Urt. v. 22.5.2017 – 10 C 311/17; AG Tirschenreuth, Urt. v. 23.8.2017 – 3 C 146/17; AG Augsburg, Urt. v. 11.12.2017 – 73 C 4023/17; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 8.3.2018 – 30 C 3365/17 (68); AG Freyung, Urt. v. 31.10.2108 – 30 C 188/18; AG Passau, Urt. v. 6.11.2018 – 15 C 808/18; AG Biberach a.d. Riß, Urt. v. 15.11.2018 – 7 C 631/18.

2. Unfallersatztarif oder Normaltarif nach Tabellenwerken

Nach der anderen Ansicht ist es dagegen schadensersatzrechtlich irrelevant, ob es sich bei einem von einer Autovermietung oder anderweitig angemieteten Ersatzfahrzeug zulassungsrechtlich um ein "Mietfahrzeug für Selbstfahrer" handelt.[33] Es ist wie sonst auch der erforderliche Tarif anzusetzen. Etliche Gerichte[34] haben so entschieden und dies wie folgt begründet:

Für den Schadenersatzanspruch des Geschädigten ist die Zulassung des Mietfahrzeugs irrelevant.
Im Schadensersatzrecht ist auf die Erforderlichkeit der Mietwagenkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abzustellen. Diese ist unabhängig davon, ob der Mietwagen als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist oder nicht.
Der Versicherungsstatus des Mietwagens spielt im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger keine Rolle, sofern das überlassene Fahrzeug eine ausreichende Kfz-Versicherung aufweist.
Eventuelle Mängel im Mietvertrag zwischen Vermieter und Mieter haben auf den Schaden des Geschädigten keinen Einfluss.
Es existiert kein eigener Mietmarkt für Werkstattersatzwagen. Maßgeblich ist allein, dass es sich um eine Anmietung eines Wagens von einem gewerblichen Unternehmen handelt.
Im Schadensersatzrecht ist auf den Geschädigten abzustellen. Dieser muss, wenn er vom Autohaus einen Mietwagen nach einem Unfall anmietet, nicht prüfen, ob das Fahrzeug korrekt angemeldet und versichert ist oder ob sich der Vermieter wettbewerbswidrige Vorteile verschafft hat.
Die Zulassungsform als "Mietfahrzeug für Selbstfahrer" muss dem Geschädigten nicht bekannt sein.
Das Autohaus, das über mehrere Fahrzeuge (Probewagen, Vorführwagen, Mietfahrzeuge für Selbstfahrer) verfügt, wählt ein Fahrzeug seines Fahrzeugpools zur Vermietung aus, ohne dass der Geschädigte hierauf Einfluss hat.
Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung ist nicht von Gesetzes wegen berechtigt, dem gewerblichen Vermieter vorzuschreiben, welche Kosten er für die Vermietung eines Fahrzeugs in Re...

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