AKB § 12 (1) I b

Leitsatz

In der Kfz-Teilversicherung sind Schäden nicht ersatzpflichtig, die nach einem missglückten Entwendungsversuch mutwillig – etwa aus Enttäuschung oder Verärgerung – verursacht worden sind.

BGH, Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 248/08

Sachverhalt

Der Kl. nimmt die Bekl. auf Leistungen aus einer Kfz-Teilversicherung wegen Beschädigung seines versicherten Motorrollers in Anspruch. Am Abend des 15.4.2007 stellte der Kl. den Roller mit eingerasteter Lenkradsperre auf einem Parkplatz ab. Nach Darstellung des Kl. versuchte ein Unbekannter in der Zeit bis zum nächsten Morgen, den Roller zu entwenden. Dabei habe der Täter den Roller umgeworfen und beschädigt und zudem versucht, das Lenkrad zu überdrehen, um das Fahrzeug zu entwenden. Aus Enttäuschung über das Fehlschlagen des Entwendungsversuchs habe der Täter weitere Beschädigungen an dem Roller verursacht.

2 Aus den Gründen:

[8] "… II. 1. Der Kl. hat keinen Anspruch gegen die Bekl. auf Ersatz der Beschädigungen seines Rollers, die nach seinem – für das Revisionsverfahren als wahr zu unterstellenden – Vorbringen der unbekannte Täter aus Enttäuschung oder Verärgerung über das Scheitern des Entwendungsversuchs verursachte. Diese Schäden sind nicht i.S.v. § 12 (1) I b AKB “durch Entwendung’ entstanden.

[9] a) Diese Klausel ist – wie der Senat bereits in dem Urt. v. 17.5.2006 (VersR 2006, 968) entschieden hat – nach den maßgeblichen Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so auszulegen, dass in der Kfz-Teilversicherung (Teilkasko) bei einem Einbruchdiebstahl in ein Kfz nur die Schäden am Fahrzeug ersatzpflichtig sind, die durch die Verwirklichung der Tat entstanden sind oder damit in adäquatem Zusammenhang stehen.

[10] aa) Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer geht vom Wortlaut des § 12 AKB aus und erkennt bei aufmerksamer Lektüre, dass § 12 (1) II f AKB in der Vollversicherung Versicherungsschutz auch für Schäden am Fahrzeug verspricht, die durch bös- oder mutwillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden sind, eine entsprechende Umschreibung des Umfangs der Teilversicherung aber fehlt. Zudem wird der insoweit erweiterte Versicherungsschutz in der Vollversicherung durch die Eingangsformulierung “in der Vollversicherung darüber hinaus’ in § 12 (1) II AKB noch besonders hervorgehoben. Der Versicherungsnehmer kann daraus nur den Schluss ziehen, dass er in der Teilversicherung Schäden am Fahrzeug, die auf mut- oder böswilligen Handlungen beruhen, nicht ersetzt verlangen kann, sondern nur solche, die, wie § 12 (1) I b AKB voraussetzt, “durch die Entwendung’ entstanden sind. Dem am Wortlaut der Klausel orientierten durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird mit der Formulierung “Beschädigung … des Fahrzeugs … durch Entwendung, insb. Diebstahl … ’ das Erfordernis eines besonderen kausalen Zusammenhangs zwischen Entwendungshandlung und Schaden nahe gebracht, der den Grad äquivalenter Kausalität zwischen Entwendungshandlung und Schaden überschreitet. In der Teilversicherung sind danach nur solche Schäden am Fahrzeug zu ersetzen, durch die der Diebstahl ermöglicht wurde oder die damit in adäquatem Zusammenhang stehen, nicht jedoch solche bei Gelegenheit der Entwendungshandlung …

[11] bb) Da in dem seinerzeit entschiedenen Fall die Entwendungshandlung erfolgreich war, konnte der Senat offen lassen, ob ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Entwendungshandlung und Schaden dann zu bejahen ist, wenn der Täter die Beschädigungen am Fahrzeug aus Verärgerung und Wut über eine fehlgeschlagene Tat oder zu geringe Tatbeute verursacht hat … Diese hier entscheidungserhebliche Frage verneint der Senat (so auch OLG Frankfurt VersR 2002, 1232; … Stadler, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl., AKB A Rn 80; a.A. LG Essen VersR 1995, 955 f.; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., A.2.2 AKB 2008 Rn 8).

[12] Zwar versteht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer das Tatbestandsmerkmal “durch die Entwendung’ in § 12 (1) I b AKB so, dass damit jede Entwendungshandlung, also nicht nur eine erfolgreiche Entwendung, sondern auch ein Entwendungsversuch gemeint ist. Jedoch wird er Schäden, die nach einem missglückten Entwendungsversuch aus Mutwillen verursacht worden sind, nicht der Entwendungshandlung selbst zurechnen. Denn in einem solchen Fall fehlt es für ihn erkennbar an dem erforderlichen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen Entwendungshandlung und Schaden. Solche Beschädigungen entstehen nicht infolge der Entwendung oder “durch die’ Entwendung, sondern beruhen auf einem von der Entwendungshandlung unabhängigen, regelmäßig spontanen Verhalten des Täters (vgl. BGH VersR 2006, 968). Der Täter beschädigt das Fahrzeug nicht, um es oder ein mitversichertes Teil zu entwenden, sondern aufgrund eines davon unabhängigen Entschlusses. Ob dieser durch Wut oder Enttäuschung über das Fehlschlagen des Diebstahlsversuchs ausgelöst wurde, kann für die Kfz-Teilversicherung, die grds. keinen Versicherungsschutz für bös- und mutwillige Beschädigungen gewährt, keinen Unt...

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