Zusammenfassung

Der Beitrag[1] befasst sich mit den Fällen, in denen die Haftung aus der Betriebsgefahr aufgrund der besonderen Stellung des Beteiligten ausgeschlossen wird sowie mit den Fällen, bei denen die Ansprüche des Geschädigten durch die Anrechnung der Betriebsgefahr reduziert werden oder eine Anrechnung gerade nicht stattfindet.

[1] Langfassung des beim 49. Deutschen Verkehrsgerichtstag 2011 im Arbeitskreis IV vom Verfasser gehaltenen Vortrags.

1. Anspruchsausschluss des beim Betrieb Tätigen

Gemäß § 8 Nr. 2 StVG ist die Haftung des Halters aus der Betriebsgefahr gegenüber demjenigen ausgeschlossen, der beim Betrieb tätig ist. Dies ist zunächst der Fahrer des Fahrzeugs. Der Haftungsausschluss kann aber auch den Beifahrer betreffen, wenn dieser sich in irgendeiner Form am Betrieb beteiligt.[2] Nach der Ansicht des BGH[3] ist der Pannenhelfer jedoch regelmäßig nicht beim Betrieb des Fahrzeugs tätig.

[2] OLG Celle, 30.6.2010, 14 U 33/10, juris-Dokument; OLG Brandenburg, 10.9.2009, 12 U 49/09, juris-Dolument; OLG Saarbrücken, 21.4.2009, 4 U 395/08, SP 2009, 389 = OLGR Saarbrücken 2009, 511.

a) Haftungsausschluss des Beifahrers

Der Beifahrer fällt unter den Ausschluss des § 8 Nr. 2 StVG, wenn er am Betrieb teilnimmt, wobei die Rechtsprechung dies durchaus weit auslegt.[4]

Das OLG Saarbrücken[5] sah es als ausreichend an, dass der Beifahrer dem Fahrer das Kraftfahrzeug zur Verfügung stellte und Einfluss auf die Fahrstrecke nahm, um den Haftungsausschluss des § 8 Nr. 2 StVG zu bejahen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger und der Beklagte unternahmen gemeinsam, nachdem sie zusammen getrunken hatten, also in alkoholisiertem Zustand, mit dem Pkw der Mutter des Klägers eine Fahrt. Das Fahrzeug kam von der Fahrbahn ab, wobei der Kläger schwer verletzt wurde. Es konnte nicht mehr geklärt werden, wer der Fahrer war. Der Kläger war zuvor mit dem Fahrzeug der Mutter zum Beklagten gefahren und hatte diesen veranlasst, weiter zu fahren.

Ebenso nahm auch das OLG Celle[6] den Haftungsausschluss bei einem Beifahrer an, der zur Vermeidung eines Unfalls ins Lenkrad griff, um einem Fahrzeug, das von der Einfädelspur in die Autobahn einfuhr, auszuweichen. Allerdings geriet das Fahrzeug, in dem er saß, durch seine Handlung ins Schleudern und prallte gegen eine Leitplanke.

Das OLG Brandenburg[7] bejahte zwar grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit, den Haftungsausschluss auch auf den Beifahrer zu erstrecken, wies allerdings darauf hin, dass sich dies nicht bereits aus der Rolle als Beifahrer ergibt, welcher lediglich befördert wird. Der Beifahrer muss vielmehr in irgendeiner Form beim Betrieb tätig geworden sein, wobei dies durchaus auch passiv erfolgen kann (z.B. als Sozius auf einem Motorrad). Im konkreten Fall (Sozius auf Quad) sah das OLG das aber als nicht bewiesen an.

[4] Zustimmend: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 8 Rn 9.
[5] OLG Saabrücken, 21.4.2009, 4 U 395/08, SP 2009, 389 = OLGR Saarbrücken 2009, 511.

b) Pannenhelfer beim Betrieb tätig?

In einem Urteil vom 5.10.2010 hatte sich der BGH[8] mit der Frage zu befassen, ob und ggfs. unter welchen Umständen der Pannenhelfer beim Betrieb des Fahrzeugs tätig wird.

Den Entscheidungsgründen lässt sich folgender Sachverhalt entnehmen:

Der Beklagte zu 3) fuhr mit einem Pkw bei einsetzendem Schneefall auf der Autobahn. Er geriet ins Schleudern, kollidierte mit der Leitplanke am rechten Fahrbahnrand und kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Er schaltete das Warnblinklicht ein. Der Kläger und spätere Pannenhelfer, der mit seinem Pkw hinter dem Kraftfahrzeug des Beklagten zu 3) gefahren war, hielt vor dem Unfallfahrzeug auf dem Seitenstreifen an. Er schaltete das Warnblinklicht ein und begab sich zum Pkw des Beklagten zu 3). Nachdem er sich nach dessen Befinden erkundigt hatte, wollte er zur Absicherung der Unfallstelle das Warndreieck aus dem Kofferraum des Fahrzeugs des Beklagten zu 3) entnehmen. Als der Kläger deshalb mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stand und den Kofferraum öffnen wollte, näherte sich der Beklagte zu 1) mit seinem Pkw auf dem mittleren von drei Fahrstreifen, geriet ebenfalls ins Schleudern und erfasste den Kläger, der dabei schwer verletzt wurde.

Der Kläger nahm sowohl den Beklagten zu 1) und dessen Haftpflichtversicherung, als auch den Beklagten zu 3), zusätzlich den Halter des Fahrzeugs und die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 3) in Anspruch. Der BGH verneinte den Haftungsausschluss gemäß § 8 StVG mit folgender Begründung:

Zitat

Nach der Regelung in § 8 Nr. 2 StVG gelten die Vorschriften des § 7 StVG nicht, wenn der Verletzte u.a. bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war. § 8 Nr. 2 StVG erfasst Personen, die durch die unmittelbare Beziehung ihrer Tätigkeit zum Betrieb des Kraftfahrzeugs den von ihm ausgehenden besonderen Gefahren stärker ausgesetzt sind als die Allgemeinheit, auch wenn sie nur aus Gefälligkeit beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig geworden sind. Der Sinn und ...

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