"… Die im Berufungsrechtszug nachgeholte Aufklärung hat ergeben, dass der Kl. seinen Betrieb so umorganisieren kann, dass er mit leitenden kaufmännischen Tätigkeiten, die er aufgrund seines Gesundheitszustandes noch ausüben kann, zu mehr als 50 % eines vergleichbaren Betriebsinhabers ausgelastet und daher nicht berufsunfähig i.S.d. Versicherungsbedingungen ist. Eine entsprechende Umorganisation der betrieblichen Strukturen ist dem Kl. auch zumutbar."

1. Ein Anspruch des Kl. auf die Berufsunfähigkeitsrente und die Beitragsfreistellung kann aus § 2 Abs. 1 der BBU Juli 2001 folgen.

Mit der Entscheidung vom 7.8.2009 (…) erkannte die Bekl. den Leistungsanspruch zur Berufsunfähigkeit bis auf Weiteres an. Dadurch entstand zunächst eine Bindungswirkung zulasten der Bekl. Die Bekl. kann sich im Nachprüfungsverfahren daher nicht auf solche Umstände berufen, die ihr im Zeitpunkt der ersten Entscheidung bereits bekannt waren; sie kann vielmehr nur im Rahmen der Leistungsbedingungen neue Umstände anführen, die danach entstanden sind.

2. Eine Einstellung der Leistungen trotz Anerkenntnis vom 7.8.2009 ist gem. § 14 Abs. 3 der BBU 07/2001 begründet, weil sich der Grad der Berufsunfähigkeit nachträglich aufgrund neu hinzugetretener Umstände auf weniger als 50 % vermindert hat (Nachprüfungsverfahren). Der Kl. kann 75,9 % seiner angemessenen und möglichen Tätigkeit als Betriebsinhaber nach einer zumutbaren Umorganisation wieder ausüben.

a) Da sich das Anerkenntnis vom 7.8.2009 auf die gesundheitlich bedingte Unfähigkeit bezieht, die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit noch mindestens zu 50 % erbringen zu können, sind nachträgliche Änderungen im Nachprüfungsverfahren von der Bekl. darzulegen und sie ist mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die sie bereits im ersten Prüfungsverfahren einbringen konnte (vgl. zuletzt BGH VersR 2011, 655):

Zitat

“Mit seinem Leistungsanerkenntnis entscheidet der Versicherer nicht nur über den Grad der Berufsunfähigkeit, sondern zugleich auch über eine fehlende Verweisungsmöglichkeit. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass eine Verweisungsmöglichkeit nicht besteht, wenn seine Entscheidung hierzu schweigt. Bereits bestehende, aber nicht wahrgenommene Verweisungsmöglichkeiten verliert der Versicherer auch für die Zukunft (BGHZ 121, 284, 291 f.). Dies folgt daraus, dass die Regelung über das Nachprüfungsverfahren nur dann einen Sinn ergibt, wenn der Versicherer bei unverändertem Fortbestand der für die Beurteilung maßgeblichen, ihm bekannt gewordenen Umstände an sein erklärtes Anerkenntnis gebunden bleibt und nicht befugt ist, den Grad der Berufsunfähigkeit des Versicherten und etwaige Verweisungsmöglichkeiten jederzeit ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und/oder seiner Kenntnis hiervon abweichend von seiner früheren Anerkenntniserklärung zu bewerten (vgl. BGH VersR 2010, 619 Rn 9; VersR 1986, 1113 unter 2).'

Insoweit trägt die Bekl. die Darlegungs- und Beweislast für Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse nach dem Anerkenntnis. Das von der Bekl. zur Stützung ihrer abweichenden Ansicht herangezogene Urteil des BGH (VersR 1991, 1358) betrifft kein Nachprüfungsverfahren, sondern eine Erstprüfung, und ist daher nicht einschlägig.

b) Die Beweislast für die Wiedergewinnung der Berufsfähigkeit trägt im Nachprüfungsverfahren ebenfalls der Versicherer (…); den Versicherten treffen lediglich sekundäre Darlegungslasten bzgl. einer Umorganisation.

Diesen Anforderungen ist der Kl. hinreichend nachgekommen, indem er die (neuen) Betriebsabläufe und die gesundheitsbedingten Hindernisse für ihn geschildert hat. Demnach steht fest, dass der Betrieb nach der Anerkennung nach der Zahl der Mitarbeiter erheblich vergrößert wurde. Der Kl. hat drei Handwerker eingestellt, die Arbeitszeit seiner Ehefrau im Büro auf Vollzeit ausgeweitet und beschäftigt weiterhin eine geringfügig tätige Hilfskraft.

c) Auch unter Berücksichtigung dieser Darlegungen des Kl. steht fest, dass eine Umorganisation im Nachprüfungsverfahrens bedingungsgemäß verlangt werden kann (aa), die Bekl. die bereits erfolgte Änderung der Betriebsstruktur zur Leistungseinstellung heranziehen darf (bb) und dass dem Kl. eine weitere Umorganisation nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gesundheitlich und betrieblich möglich und zumutbar ist (cc).

aa) Maßgeblich für das Bestehen einer Verpflichtung zur Umorganisation im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens sind die Versicherungsbedingungen in der Auslegung aus der Sicht eines verständigen, fachlich nicht vorgebildeten Versicherungsnehmers.

Anknüpfungspunkt dafür sind vorliegend die §§ 2, 14 der BBU 07/2001 der Bekl. Nach der im Versicherungsvertrag verankerten Definition besteht die Berufsunfähigkeit aus den vier Komponenten der medizinischen, beruflichen, zeitlichen und wertenden Betrachtung. Die hier infrage stehende berufliche Komponente ist erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer aus gesundheitsbedingten Gründen nicht in der Lage ist, seinen Beruf oder einen Verweisungsberuf auszuüben. Zum ausgeübten...

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