Der BGH befasste sich in drei (im Tenor variierenden) Urteilen vom 12.2.2019[19] mit der Frage der Erstattungsfähigkeit vorprozessualer Rechtsanwaltsgebühren bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung. Die Kl. begehrten zunächst insb. Ausgleichszahlungen wegen erheblicher Ankunftsverspätungen. Erst in der Revisionsinstanz beglich das beklagte Luftfahrtunternehmen jeweils die Klagehauptforderung nebst Zinsen und erkannte insoweit seine Kostenlast an. Zu entscheiden hatte der BGH letztlich nur noch über die Erstattung von Anwaltskosten, die den Kl. durch die vorgerichtliche Geltendmachung der Klagehauptforderung entstanden sind. Im Ergebnis urteilte der BGH, dass der Fluggast grds. die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur außergerichtlichen Geltendmachung seines Ausgleichsanspruchs für erforderlich halten darf, wenn das Luftverkehrsunternehmen ihn nicht vollständig und klar darüber unterrichtet hat, unter welchen Voraussetzungen, in welcher Höhe und gegen welches Unternehmen er einen solchen Anspruch geltend machen kann.[20] Damit stellt sich der Senat ausdrücklich gegen die Auffassung einiger Instanzgerichte, wonach die Kosten schon aufgrund der Verletzung einer gesetzlichen Pflicht nach der Fluggastrechteverordnung zur rechtzeitigen Beförderung als adäquat-kausal verursachter Schaden zu erstatten seien.[21] Voraussetzung für einen vorprozessualen Kostenerstattungsanspruch ist nach aktueller BGH-Rechtsprechung also entweder das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen (!) Belehrung durch das Luftfahrtunternehmen oder aber Zahlungsverzug des Unternehmens vor Hinzuziehung anwaltlicher Hilfe. Übrigens fällt keine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG an, da sich der Gegenstandswert nach der Summe der Ausgleichsforderungen mehrerer Anspruchssteller errechnet.[22]

[19] BGH, Urt. v. 12.2.2019 – X ZR 24/18, AGS 2019, 533 = BeckRS 2019, 5244 = DAR 2019, 538 = MDR 2019, 656 = NJW 2019, 1373 = VersR 2019, 641; Urt. v. 12.2.2019 – X ZR 77/18, BeckRS 2019, 4307; Urt. v. 12.2.2019 – X ZR 88/18, BeckRS 2019, 4306 = NJW 2019, 1461.
[21] So noch LG Frankfurt am Main, Urt. v. 6.9.2018 – 2-24 S 340/17, NJW 2019, 376, 377 m. Anm. Degott; AG Hannover, Urt. v. 9.1.2019 – 568 C 12882/16, BeckRS 2019, 1020; Urt. v. 17.1.2019 – 568 C 12619/16, BeckRS 2019, 1013.
[22] Rn 11 des Urteils X ZR 24/18; a.A. beispielsweise AG Düsseldorf, Urt. v. 12.3.2013 – 52 C 11310/12.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge