Mit seinem Urt. v. 25.6.2019[4] entschied der für das Reiserecht zuständige zehnte Zivilsenat des BGH, dass sich die Einhaltung einer Sicherheitsvorschrift für ein Hotelzimmer nach dem am Ort der Hotelanlage geltenden Recht richtet, auch wenn das Rechtsverhältnis zwischen Reisendem und Pauschalreiseveranstalter deutschem Recht als Vertrags- oder Deliktstatut unterliegt. Außerdem präzisiert der Senat, wann ausländische Sicherheitsvorschriften von Amts wegen zu ermitteln sind (bzw. wann eine Beweisaufnahme über Sicherheitsvorschriften für Hotelzimmer im Reiseland notwendig ist). Im streitgegenständlichen Fall hatte der Kl. für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Gran Canaria (Spanien) gebucht. Am Ankunftstag wollte ein mitreisendes 7-jähriges Kind vom Hotelzimmer auf den Balkon laufen, wobei es gegen die noch verschlossene Balkontür stieß. Die Scheibe zerbrach und das Kind erlitt Schnittverletzungen. Gegenüber dem Veranstalter wurden Forderungen auf Reisepreisrückzahlung, Ersatz materieller Schäden, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Schmerzensgeld[5] erhoben. Der Kl. trug vor, eine Glastür für einen Balkon müsse nach den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen so beschaffen sein, dass sie einem Aufprall eines 7-jährigen Kindes nach kurzem Anlauf standhalte. In beiden Vorinstanzen[6] unterlag der Kl., weil die auf der Glastür angebrachten kleinen Markierungen als ausreichend betrachtet wurden. Der BGH hat die zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dieses wird noch klären müssen, ob eine Balkontür aus offenbar nicht bruchsicherem Glas den für die Hotelanlage maßgeblichen Bauvorschriften entspricht. Anders als die Vorinstanzen differenziert der BGH also danach, ob die örtlichen Bauvorschriften (wie vom Kl. hinreichend konkret vorgetragen) missachtet oder doch eingehalten wurden. Sollte die Tür nicht dem örtlichen Standard entsprochen haben, bestand eine besondere Gefährdungslage, in der eine einfache Markierung auf der Scheibe nicht ausreichte.

[4] BGH, Urt. v. 25.6.2019 – X ZR 166/18 (PM Nr. 83/2019), LMK 2019, 421265 (m. Anm. Pfeiffer) = MDR 2019, 1303 = NJW 2019, 3374 = VersR 2019, 1441.
[5] Vgl. zu Schmerzensgeldanspruch wegen Todesangst auf Malediven-Transferboot (Seenot): LG Köln, Urt. v. 15.1.2019 – 3 O 305/17, RdTW 2019, 385.
[6] LG Hannover, Urt. v. 8.2.2018 – 8 O 49/17; OLG Celle, Urt. v. 6.9.2018 – 11 U 42/18, BeckRS 2018, 20957 = MDR 2018, 1436.

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