"… Die Berufung wendet sich allein gegen die Haftung der Bekl. zu 2 als Haftpflichtversicherer als Gesamtschuldnerin neben dem Bekl. zu 1. Hiermit hat sie Erfolg."

Eine Haftung der Bekl. zu 2 käme nur dann in Betracht, wenn es sich bei dem Anspruch der Kl. um einen solchen aus einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG). Nach § 1 PflVG ist eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten (Personen-, Sach- und sonstigen Vermögens-)Schäden abzuschließen.

Eine Haftung der Bekl. zu 2 besteht vorliegend jedoch nicht, da der Schaden, für den der Bekl. zu 1 privatrechtlich haftet, nicht durch den Gebrauch des im Versicherungsvertrag bezeichneten Fahrzeugs entstanden ist. Der Begriff des Gebrauchs schließt den Betrieb i.S.v. § 7 StvG ein und geht noch darüber hinaus (…). Durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeugs ist der Schaden nur eingetreten, wenn er mit dem versicherten Wagnis in adäquatem Ursachenzusammenhang steht. Deshalb kommt es in den Fällen, in denen Schäden durch das Hantieren mit Ladegut entstanden sind, darauf an, ob das versicherte Transportfahrzeug an der schadenstiftenden Verrichtung schon oder noch beteiligt, d.h. aktuell und unmittelbar, zeitnah und ortsnah dafür eingesetzt gewesen ist; nur dann ist der Schaden durch den Gebrauch gerade des Fahrzeugs adäquat verursacht. Die Gefahr muss mithin vom Fahrzeug selbst ausgehen (…).

Der BGH hat diese Grundsätze in gleicher Weise für das Einsteigen oder Aussteigen von Personen aus einem Kfz angewandt, jedoch darauf verwiesen, dass auch Handlungen vor dem Einsteigen oder nach dem Aussteigen zum Gebrauch des Fahrzeugs zu rechnen sein können, so z.B. Reparaturarbeiten – etwa das Auswechseln eines defekten Rads oder eine Wagenwäsche (…). Ausgangspunkt für eine Abgrenzung des Haftpflichtversicherungsschutzes in derartigen Fällen muss die Erwägung sein, dass die typische, vom Gebrauch des Kfz selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr gedeckt sein soll. Für die Fälle, in denen die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausgeht, sondern von einer Person, die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang steht, ist schon deshalb eine enge Auslegung des Begriffs “durch den Gebrauch' geboten, weil andernfalls das Haftungsrisiko des VR schwer zu kalkulieren wäre. Eine wesentliche Ausweitung des Versicherungsschutzes nach A.1.1.1. AKB über die unmittelbar vom Fahrzeug körperlich ausgehende Gefahr hinaus würde den Zweck der Bestimmung überschreiten. Es ist daher im Zusammenhang mit Fällen, in denen nur ein Gebrauch des Fahrzeugs durch den Fahrer als solchen infrage steht, auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten des Fahrers eines Kfz entscheidend abzustellen. Nur der Fahrer kommt nämlich als Verursacher hinsichtlich der hier in Frage stehenden Unfallrisiken in Betracht, mag er auch zugleich Halter oder Eigentümer des Fahrzeugs sein. Wenn seine Handlungen der vom Gebrauch des Fahrzeugs ausgehenden Gefahr hinzugerechnet werden sollen, so müssen diese typische Fahrerhandlungen sein. Eine solche liegt nur vor, wenn sie in den gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers fällt und im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt geschieht (…).

Vorliegend ist auf der Grundlage der nicht angegriffenen Feststellungen des G davon auszugehen, dass der Bekl. zu 1 den Kraftstofftank ausgebaut hat, diesen mit einem Dritten (weg vom Motorrad) hinter das Tankstellengebäude getragen hat, wo es beim Umfüllen des Kraftstoffs in einen Kanister zum Verschütten von Kraftstoff und zur Kontamination des Bodenbelags (möglicherweise auch des Erdreichs) gekommen ist. Während dieses Vorgangs verblieb das Motorrad im Bereich der Tanksäulen und war sicher nicht betriebsbereit.

Nach den oben dargelegten Grundsätzen ist diese schadensursächliche Tätigkeit, nämlich das Entleeren des Tanks bzw. das Umfüllen von Kraftstoff aus dem Tank in einen Kanister nicht mehr dem Gebrauch des bei der Bekl. zu 2 versicherten Kfz zuzurechnen. Zwar ist in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung anerkannt, dass Reparaturen zum Gebrauch eines Kfz gehören, wenn sich dabei dessen besondere Gefahren auswirken. “Gebrauch' hat der BGH aber für die Fälle ausgeschlossen, in denen die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausgeht, sondern von einer Person, die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang steht (…). Auch wenn die Schaden stiftende Handlung der Vorbereitung des Einsatzes des Fahrzeugs zu seinem Verwendungszweck und damit dessen Gebrauch durch den Bekl. zu 1 als Fahrzeugführer diente, ergibt sich nichts Anderes, wenn sich der Schaden nicht durch das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirklicht (vgl. zum Schaden durch Einsatz eines Heizlüfters zum Enteisen eines Fahrzeugs: BGH zfs 2007, 221). Vorliegend diente zwar die Entfernung des Kraftstoffs aus dem Tank dazu, diesen mit dem richtigen Kraftstoff erneut befüllen und das Motorrad wieder in Gebrauch nehmen zu kön...

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