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[15] 1. Das Berufungsurteil kann hinsichtlich der Schätzung der von der Bekl. aus den Sparanteilen der Prämien gezogenen und herauszugebenden Nutzungen auf 15.070 EUR keinen Bestand haben.

[16] a) Die Höhe der Nutzungszinsen kann gem. § 287 ZPO geschätzt werden (vgl. Senat r+s 2016, 20 Rn 32 …). Die Schätzung der Höhe des Nutzungszinsanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Zinsbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH r+s 2012, 515 Rn 9; r+s 2012, 565 Rn 6 …). Der Tatrichter hat insb. zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen (BGH r+s 2014, 630 Rn 17 m.w.N.).

[17] b) Das BG hat keine für die Schätzung der Nutzungen zureichenden Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt. Auf die in der mündlichen Verhandlung erhobene Gegenrüge bezüglich der Nutzungen aus den nicht verbrauchten Abschluss- und Verwaltungskosten kommt es somit nicht an.

[18] aa) Das BG ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der mit der Anlage des Sparanteils erzielte Gewinn dem VN bei kapitalbildenden Lebensversicherungen als tatsächlich gezogene Nutzung zusteht (Senat r+s 2016, 20 Rn 51), und hat insoweit den von der Bekl. angegebenen Betrag von 83.721,85 EUR angesetzt.

[19] bb) Die vom BG unter Zugrundelegung der von dem Privatgutachter der Kl. erstellten Stellungnahme vom 1.2.2015 vorgenommene Schätzung der Nutzungen aus den Sparanteilen auf der Grundlage eines mittleren Zinsdatums (1.5.2001) und einer mittleren Verzinsung von 6 % lässt aber keinen plausiblen Maßstab erkennen. Diese Schätzung ist schon deshalb nicht sachgerecht, weil das BG keine schlüssigen Berechnungsparameter zugrunde gelegt hat. Es hat zunächst auf die in dem von der Kl. vorgelegten Gutachten genannten, den veröffentlichten Geschäftsberichten der Bekl. und ihrer Rechtsvorgängerin entnommenen Zinssätze Bezug genommen. Es hat die Berechnung des Privatgutachters indes seinem Urteil im Weiteren nicht zugrunde gelegt, sondern stattdessen eine “mittlere Verzinsung' von 6 % angenommen und bezogen auf ein “mittleres Zinsdatum' am 1.5.2001 einen – rechnerisch nicht nachvollziehbaren – Betrag von 15.070 EUR ermittelt. Das BG wird nunmehr die aus den Sparanteilen gezogenen Nutzungen auf der Grundlage schlüssiger Bemessungsfaktoren zu schätzen und dabei den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben haben.

[20] 2. Eine von der Bekl. (im Anschluss an KG r+s 2015, 179, 183; so auch Brambach r+s 2017, 1, 3; Schmitz-Elvenich VersR 2017, 266, 270) geforderte Saldierung der – von ihr mit 54.743,95 EUR bezifferten – Abschluss- und Verwaltungskosten mit den Nutzungen hat das BG hingegen zu Recht abgelehnt.

[21] a) Nach der Rspr. des Senats kann sich der VR gegenüber dem Prämienrückzahlungsanspruch hinsichtlich der Abschluss- und Verwaltungskosten nicht gem. § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung des VN berufen (Senat VersR 2015, 1101 Rn 41 ff.; VersR 2015, 1104 Rn 46 ff.). Die Verwaltungskosten sind bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen entstanden sind und weil der VR auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat. Hinsichtlich der Abschlusskosten hat der VR unter Berücksichtigung des europarechtlichen Effektivitätsgebots das Entreicherungsrisiko zu tragen (…). Diese Erwägungen stehen auch einer Anrechnung der Abschluss- und Verwaltungskosten auf gezogene Nutzungen entgegen. Wie der Senat bereits mit Urt. v. 21.6.2017 (r+s 2017, 406 Rn 26) entschieden hat, ist es widersprüchlich, den entsprechenden Teil der Prämien nicht in die Berechnung der Nutzungen einzubeziehen, ihn aber auch noch von den als tatsächlich erzielt errechneten Nutzungen abzuziehen. Im Übrigen besteht die Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen nicht nur insoweit, als bei dem VR aufgrund der Rückabwicklung insgesamt Vorteile verbleiben. Entscheidend ist, ob der VR die Nutzungen tatsächlich gezogen hat. Das Vorbringen der Revision gibt dem Senat keinen Anlass, diese Rspr. zu ändern.

[22] b) Anders als die Revision meint, ist auch nicht die Provision, welche die persönlich haftende Gesellschafterin der Kl. für die Vermittlung des Versicherungsvertrages erhalten hat, von der Forderung der Kl. abzuziehen. Die Berufung der Kl. auf die formale Trennung zwischen ihr und dem VN nach Abtretung des von ihrer Komplementärin vermittelten Versicherungsvertrages ist nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachvortrag nicht rechtsmissbräuchlich. Ausreichende Anhaltspunkte für ein von der Revision vermutetes “Geschäftsmodell', das auf die Abschöpfung tatsächlich nicht gezogener Nutzungen zum Nachteil der Versichertengemeinschaft zielt, sind ni...

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