1. Ausgangslage beim Wiederaufnahmeverfahren in Verkehrsbußgeldsachen ist regelmäßig der Umstand, dass seitens des Betroffenen nach Rechtskraft vorgetragen wird, den Pkw zur Tatzeit nicht gefahren und daher die Ordnungswidrigkeit nicht begangen zu haben. Fahrer zur Tatzeit sei nicht er, sondern ein Dritter gewesen.
  2. Zulässig ist die auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützte Wiederaufnahme gem. § 359 Nr. 5 StPO jedoch nach § 85 Abs. 2 OWiG nur, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 250 EUR festgesetzt wurde und seit Rechtskraft der Bußgeldentscheidung noch nicht drei Jahre verstrichen sind. Die Beschränkung gilt nicht für Bußgeldbescheide, die die Nebenfolge Fahrverbot enthalten.
  3. Um nicht zu riskieren, dass ein Antrag gem. § 368 StPO i.V.m. § 85 Abs. 1 OWiG als unzulässig verworfen wird, sollten Name und Adresse des tatsächlichen Fahrers zur Tatzeit mitgeteilt sowie eine eidesstattliche Versicherung ggf. mit aussagekräftigen Fotos oder ein anthropologisches Sachverständigengutachten vorgelegt werden.
  4. Da das gesamte Wiederaufnahmeverfahren in Verkehrsbußgeldsachen oft Monate dauert und der Führerschein entweder mit Rechtskraft abzugeben ist oder nach Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft (§ 25 Abs. 2 lit. a) StVG), sollte neben dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei Gericht beantragt werden, den Aufschub sowie eine Unterbrechung der Vollstreckung anzuordnen, § 360 Abs. 2 StPO i.V.m. § 85 Abs. 1 OWiG. Ansonsten ist der Mandant bereits gestraft, und das Anliegen hat sich dadurch weitgehend erübrigt. Der Antragsteller entgeht damit ferner dem Risiko eines Strafverfahrens gem. § 21 StVG (Fahren ohne Fahrerlaubnis), wenn er weiter am Straßenverkehr teilnimmt.

Autor: Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromma, Fachanwalt für Strafrecht und für Verkehrsrecht, Koblenz[2]

zfs 2/2019, S. 72 - 76

[2] Der Verfasser ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht sowie für Verkehrsrecht bei caspers mock Anwälte, Koblenz.

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