[3] "… II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. (…)"

[6] Während die Ablehnung von Richtern und Sachverständigen gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG noch zu den mit dem Rechtszug zusammenhängenden Verfahren zählt, so dass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht entsteht, erwächst dem Rechtsanwalt im Beschwerdeverfahren ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV RVG (vgl. OLG Celle zfs 2010, 641 m. Anm. Hansens= RVGreport 2010, 350 [Hansens]; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG 23. Aufl. § 19 RVG Rn 44). Hier hat das OLG (…) die sofortige Beschwerde der Kl. gegen den das Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss des LG zurückgewiesen und den Kl. gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt.

[7] a) Unterschiedlich wird allerdings die Frage beurteilt, ob die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei des Beschwerdeführers im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO zählen.

[8] aa) Teilweise wird dies verneint, weil es sich bei dem Verfahren um die Ablehnung eines Sachverständigen nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handele. Dieses finde nur zwischen dem Ablehnenden und dem Gericht statt, der Prozessgegner sei daran formell nicht beteiligt (vgl. OLG München – 11. FamS. – AnwBl. 1994, 426 = MDR 1994, 627; Ahrens, in: Wieczorek/Schütze, ZPO 4. Aufl. § 406 Rn 62; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 76. Aufl. § 91 Rn 70).

Andere differenzieren danach, ob sich die nicht ablehnende Partei an dem Beschwerdeverfahren, z.B. durch schriftsätzliche Äußerungen, beteiligt habe oder ausdrücklich vom Gericht zu einer Stellungnahme aufgefordert sei (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 12 W 15/08, juris Rn 15).

Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht in Anlehnung an eine Entscheidung des BGH zur Richterablehnung (RVGreport 2005, 275 [Hansens] = AGS 2005, 413) davon aus, dass die den Sachverständigen nicht ablehnende Partei grds. einen Anspruch auf Erstattung der ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten habe (so etwa OLG Celle zfs 2010, 641 m. Anm. Hansens = RVGreport 2010, 350 [ders.]; OLG Hamburg MDR 1994, 522; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO 23. Aufl. § 46 Rn 11; Leipold, a.a.O., § 406 Rn 78; Zöller/Greger, ZPO 32. Aufl. § 406 Rn 17; § 46 Rn 20; Musielak/Voit/Ball, ZPO 15. Aufl. § 567 Rn 29; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG 23. Aufl. § 19 Rn 53).

[9] bb) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Der BGH hat bereits für das Richterablehnungsverfahren entschieden, dass dieses kein auf das Verhältnis zwischen der ablehnenden Partei und dem Gericht beschränktes Verfahren sei (vgl. RVGreport 2005, 275 [ders.] = AGS 2005, 413). Es berühre nicht nur die Interessen der ablehnenden Partei. Ihrem Recht auf Bereitstellung eines unparteiischen Richters stehe der Anspruch des Gegners auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) gegenüber, der bei Ersetzung eines tatsächlich nicht befangenen Richters verletzt werde. Demgemäß sei anerkannt, dass die Frage, ob Befangenheitsgründe gegen die Mitwirkung eines Richters sprächen, die prozessuale Rechtsstellung beider Parteien berühre und deshalb im Ablehnungsverfahren beiden Parteien rechtliches Gehör zu gewähren sei. Damit stehe der nicht ablehnenden Partei hinsichtlich ihrer Anwaltskosten ebenfalls die Stellung eines Verfahrensbeteiligten zu. Ihr Recht, vor einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde angehört zu werden, verpflichte den mit ihrer Interessenwahrnehmung beauftragten Prozessbevollmächtigten zu prüfen, ob die Beschwerdeschrift eine Gegenäußerung erfordere. Dies gelte unabhängig davon, ob das Gericht ihm die Beschwerdeschrift lediglich mitteile oder ihn darüber hinaus zu einer Stellungnahme auffordere.

[10] Diese Erwägungen, denen sich der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Rechtsbeschwerde anschließt, gelten für das Verfahren betreffend die Ablehnung eines Sachverständigen entsprechend. Zwar besteht kein gesetzlicher Anspruch auf einen bestimmten Sachverständigen. Die Auswahl und Person des Sachverständigen als neutralem Richtergehilfen berühren aber ebenfalls die Rechte und Interessen beider Parteien. Dies kommt im Gesetz an verschiedenen Stellen zum Ausdruck. So können gem. § 404 Abs. 2 ZPO vor der Ernennung die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden. Gem. § 404 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Parteien auffordern, Personen zu benennen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden. Nach § 404 Abs. 5 ZPO hat das Gericht einer Einigung der Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige grds. Folge zu leisten. Nach Erstattung eines Sachverständigengutachtens haben die Parteien gem. § 411 Abs. 4 ZPO dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten...

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