Ein klassischer Vermögenswert ist das Eigentum von Erblassern an Immobilien, z. B. bebauten oder unbebauten Grundstücken und Eigentumswohnungen. Aber auch Nießbrauchs- und Wohnrechte gehören dazu. Um eine hinreichende Individualisierung zu gewährleisten und dem Pflichtteilsberechtigten ausreichend Anhaltspunkte für die Wertermittlung an die Hand zu geben, hat der Erbe Einzelheiten zum Grundbuchinhalt sowie zu den Eigentumsverhältnissen mitzuteilen.[13]

Zugleich sind dem Pflichtteilsberechtigten Kopien von Unterlagen zu der Immobilie (z. B. Brandversicherungsscheine) zur Verfügung zu stellen. Denn entgegen der wohl herrschenden Ansicht besteht im Rahmen des § 2314 Abs. 1 BGB eine allgemeine Belegvorlagepflicht.[14] Konkret hat der Erbe die Belege vorzulegen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses überprüfen zu können.[15]

Gegen eine Vorlagepflicht spricht zwar aus systematischer Sicht der Umkehrschluss zu § 259 Abs. 1 BGB sowie § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB, die ausdrücklich die Belegvorlage vorsehen, während sich keine explizite Vorlagepflicht in der von § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB in Bezug genommenen Regelung des § 260 BGB findet.[16] Auch die historische Auslegung deutet eher auf das Fehlen einer Vorlagepflicht im Rahmen des § 2314 BGB hin. So hat der Gesetzgeber die Einführung der Belegpflicht in § 1379 BGB damit begründet, eine Annäherung an die unterhaltsrechtlichen Vorschriften bewirken zu wollen, die in den §§ 1605 Abs. 1 Satz 2, 1580 Satz 2 BGB bereits die Belegvorlage vorsähen, und hierdurch dem familienrechtlichen Anspruch aus § 1379 BGB besser gerecht zu werden als bei der früheren Orientierung am Erbrecht und dessen § 2314 BGB.[17] Die Ausführungen suggerieren, dass der Gesetzgeber davon ausging, in § 2314 BGB bestehe keine Pflicht zur Vorlage von Belegen.

Entscheidend für einen Belegvorlageanspruch streitet aber die teleologische Auslegung des § 2314 Abs. 1 BGB. Dessen Sinn ist es, dem Pflichtteilsberechtigten die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, um den Bestand des Nachlasses prüfen sowie die seinem Pflichtteilsanspruch zugrunde liegenden Tatsachen darlegen und beweisen zu können. Vor dem Hintergrund, dass der Pflichtteilsberechtigte für die den Pflichtteilsanspruch begründenden Tatsachen beweisbelastet ist, ist er auf die Auskunft des Erben angewiesen; andere Informationsquellen stehen ihm oftmals nicht offen. Der Mangel an alternativen Informationsquellen bedingt, dass der Pflichtteilsberechtigte erfahrungsgemäß ohne Belege die Auskunft des Erben nicht verifizieren kann, sodass es der Erbe in der Hand hätte, durch seine nicht kontrollierbaren Angaben seine Pflicht zur Pflichtteilszahlung zu verkürzen. Durch die Vorlage von Belegen wird dem Pflichtteilsberechtigten dagegen ermöglicht, das strukturelle Informationsdefizit gegenüber dem Erben zu überwinden sowie dessen Angaben zu kontrollieren und entsprechend dem Zweck des § 2314 BGB den Pflichtteilsanspruch verlässlich zu beurteilen.[18] Die Vorlage von Belegen erscheint den Erben auch nicht unzumutbar zu belasten, da er diese ohnehin zusammenzustellen hat, damit die Auskunft im Rahmen des § 2314 Abs. 1 BGB vollständig und richtig erteilt werden kann.

Für eine Belegvorlagepflicht spricht auch eine Kontrollüberlegung. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, bei der Erstellung sowohl des privatschriftlichen als auch des amtlichen Nachlassverzeichnisses zugezogen zu werden, § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Er kann dann Einsicht nehmen in die Belege, anhand derer der Erbe bzw. Notar das Verzeichnis erstellen muss. Wenn also von vornherein eine solche Einsichtsmöglichkeit besteht, ist nicht verständlich zu machen, weshalb der Erbe nicht aufgefordert werden darf, Belege unmittelbar dem Pflichtteilsberechtigten vorzulegen.[19]

Sollte die Belegvorlage eingeklagt werden, darf der Klageantrag und Tenor insofern nach der vorzugswürdigen Auffassung weit gefasst werden, da der Pflichtteilsberechtigte in der Regel nicht weiß, welche Unterlagen vorhanden sowie zur Pflichtteilsberechnung erforderlich sind, und ihm mithin eine genaue Bezeichnung der vorzulegenden Belege nicht möglich ist.[20] Bei Befolgung der Gegenansicht[21] müsste wohl zunächst auf Auskunft über die einzelnen Belege geklagt werden, damit diese sodann in einem weiteren Schritt bezeichnet und deren Überlassung verlangt werden kann. Der Auskunftsanspruch betreffend die Belege dürfte dann aus § 242 BGB folgen, und zwar wegen der entschuldbaren Unkenntnis des Pflichtteilsberechtigten über die näher zu bezeichnenden Belege und der Möglichkeit des Erben, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen.[22]

Unabhängig von der Frage, ob eine Pflicht zur Belegvorlage gegeben ist, hat es sich in der Praxis häufig als sinnvoll erwiesen, Pflichtteilsberechtigten Kopien von Unterlagen zu den jeweiligen Nachlassgegenständen zur Verfügung zu stellen. Anschließend wird oftmals auf eine Wertermittlung nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB

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