Gerhard Ruby/Andreas Schindler

zerb verlag, 3. Auflage 2018, 211 Seiten, 49 EUR

ISBN 978-3-95661-075-2

Großartig! Und auch ein wenig gemein. Als Erbrechtler waren mir die sozialrechtlichen Bezüge beim Behindertentestament immer etwas fremd und unverständlich geblieben. Ein guter Grund, die freundliche Kollegin mit der Fachanwaltsqualifikation für Sozialrecht anzurufen. Nach der Lektüre des Buches von Ruby/Schindler ist der nun weg. Und nicht nur solche Fragen: Alles, was für das Behindertentestament wichtig ist, wird in diesem Buch exzellent behandelt.

Am besten liest man das Werk einmal komplett durch. Dazu ist der Aufbau geeignet, der Umfang zu bewältigen und die Sprache angenehm. Auf diese Weise versteht man das Konstrukt des Behindertentestaments mit seinen Grundlagen. Das Buch beginnt nach einer Übersicht mit den besagten sozialrechtlichen Bezügen, gefolgt von den erbrechtlichen Fragen und betreuungsrechtlichen Aspekten.

Es schließt sich ein besonders wichtiger und spannender Abschnitt an: Die Umsetzung des Behindertentestamentes. Die Autoren haben zutreffend erkannt, dass die letztwilligen Verfügungen erst in den letzten Jahren vermehrt greifen – biologisch bedingt. Nicht nur, aber auch wegen der unterschiedlichen Gestaltungsqualität verbietet sich eine schematische Behandlung. Es gibt unqualifizierte Betreuer, die drohen, mit einer Ausschlagung das Konstrukt in sich zusammenfallen zu lassen. Der behinderte Vorerbe oder ein Nacherbe können vorversterben, Verwaltungsanordnungen für den Testamentsvollstrecker zu korrigieren sein. Zu diesen und weiteren Einzelfragen geben Ruby/Schindler Erläuterungen und Ratschläge.

Insgesamt gefallen die Abwägungen und dabei die Offenlegung von Gedankensträngen und deren Quellen. Auf diese Art und Weise können die Ergebnisse und eventuelle Risiken gut nachvollzogen werden. So geht wissenschaftliche Arbeit für Praktiker.

Die meisten Erbrechtler wird der Gestaltungsteil besonders interessieren. Dafür finden sich im letzten Abschnitt des Buches sieben ausführliche Muster. Wer schon gute Kenntnisse zum Behindertentestament hat, mag gleich dorthin blättern und zu einzelnen Punkten auf den vorderen Seiten nachsehen. Vielen Gestaltern werden die Auswahl des richtigen Musters und die Anpassung einzelner Passagen nach einer Gesamtlektüre aber deutlich besser gelingen.

Alle Kapitel sind umfassend mit neuer Rechtsprechung und juristischer Literatur aktualisiert worden. Im Vergleich zur Vorauflage sind rund 50 Seiten hinzugekommen: Das ist eine Steigerung von fast 40 Prozent – und dabei kein Wort zu viel! Jeder Abschnitt ist umfangreicher geworden, besonders der zu den Umsetzungsfragen und der Musterteil. Auch dem sparsamen Leser kann aufgrund der inhaltlichen Neuerungen und Erweiterungen nur davon abgeraten werden, den Erwerb dieser Auflage auszulassen.

Das komplexe Thema des Behindertentestaments wird uns weiter beschäftigen. Gerade im sozialrechtlichen Teil wird sich bei Gestaltung und Umsetzung immer wieder etwas tun, auch weil Gesetzgeber, Verwaltung und Gerichte Anlass dazu geben werden (ein kleiner Lichtblick für den dann ratsuchenden Rezensenten). Für jetzt gilt: Wer fundiert und leicht verständlich den aktuellen Stand bei Gestaltung und Umsetzung kennen will, sollte hier zugreifen.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, VorsorgeAnwalt Dr. Dietmar Kurze, Kärgel de Maizière & Partner

Autor: Dr. Dietmar Kurze

ZErb 9/2018, S. 256

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