Eine lehrreiche Entscheidung. Nicht, weil sie überzeugt, sondern weil sie zeigt, wie man es besser nicht macht.

1. Nach § 1378 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht die Ausgleichsforderung mit Beendigung des gesetzlichen Güterstandes. Beendet werden kann er durch einen Ehevertrag (§ 1408 Abs. 1 BGB). Dann entsteht die Ausgleichsforderung, wenn der Ehevertrag wirksam wird. Vorher hat ein Ehegatte keinen Anspruch, auf den er verzichten könnte. Deshalb hat das FG den Versuch des Finanzamts, einen Anspruch nach den Vermögensverhältnissen der Eheleute vor Abschluss des Ehevertrags mit dem vereinbarten Anspruch zu vergleichen, zu Recht als untauglichen Besteuerungsversuch verworfen.

2. Nach Meinung des FG liegt eine Schenkung vor, wenn ein Ehegatte auf den vereinbarten Ausgleichsbetrag teilweise verzichtet. Das ist so offensichtlich richtig, dass man sich nur kopfschüttelnd fragen kann, warum es hier einer Rechtsfortbildung bedarf, deretwillen das FG die Revision zugelassen hat. Ob ein Verzicht vorliegt, ist durch Auslegung des individuellen Ehevertrags festzustellen. Auch für diesen Einzelfall ist keine Fortbildung des Rechts im Interesse der Allgemeinheit notwendig.

3. Hier haben die Eheleute den Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau in einem ersten Schritt "rechnerisch" auf 6 Mio. EUR ermittelt. Dabei haben sie Aktien des Ehemanns mit dem darauf entfallenden Substanzwert des Vermögens der AG angesetzt. Dann haben sie in einem zweiten Schritt vereinbart, dass der Ehemann an die Ehefrau nur 3,8 Mio. EUR zahlt. Das haben sie, wiederum bezogen auf die Aktien des Ehemanns, damit begründet, dass der Ertragswert des Vermögens der AG zwar höher sei als sein Substanzwert, der Wert des Betriebsvermögens aber steuerverhaftet sei, und bei einem Verkauf von Geschäftsanteilen, gemeint sind wohl die Aktien, erhebliche Unternehmensrisiken zu berücksichtigen seien. Diese Begründung soll die Differenz von 2,2 Mio. EUR rechtfertigen.

4. Damit sind wir bei der wirklich entscheidungserheblichen Frage. Sie lautet: Enthält die notarielle Urkunde nur einen Vertrag, nämlich den Ehevertrag, in dem der Ausgleichsanspruch der Ehefrau mit 3,8 Mio. EUR vereinbart ist? Oder enthält sie zwei Verträge, nämlich einen Ehevertrag, in dem der Anspruch der Ehefrau mit 6 Mio. EUR vereinbart ist, und einen Erlassvertrag (§ 397 BGB), mit dem die Ehefrau dem Ehemann 2,2 Mio. EUR ihres Anspruchs erlassen hat?

Im ersten Fall – unterstellt, der Ehevertrag ist trotz der Differenz von 2,2 Mio. EUR wirksam, was das FG nicht geprüft hat – haben die Eheleute ihre Vertragsfreiheit ausgeübt, den Güterstand mit dem Ergebnis von 3,8 Mio. EUR Ausgleich zu beenden. Das ist schenkungsteuerlich hinzunehmen, so dass es keine freigebige Zuwendung gibt. Im zweiten Fall hingegen hat die Ehefrau den Ehemann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit 2,2 Mio. EUR beschenkt.

Prima facie spricht alles dafür, dass sich die vertragliche Einigung im Sinne von § 151 S. 1 BGB auf den Endbetrag von 3,8 Mio. EUR bezogen hat und nicht auch auf den Zwischenbetrag von 6 Mio. EUR. Denn der Ehemann wollte sich, wie die Begründung für die Abweichung zeigt, nur in Höhe von 3,8 Mio. EUR binden, sodass es nur einen Antrag nach § 146 BGB über diesen Betrag gibt, der nach § 151 S.1 BGB angenommen wurde. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Regeln für den offenen Kalkulationsirrtum (dazu Palandt/Ellenberger, 76. Aufl., § 119 BGB, Rn 19 f). Auch sie sprechen dafür, dass ein rechnerischer Zwischenbetrag nicht vereinbart, sondern nur ein Motivationsposten für den Endbetrag ist.

5. Wir lernen daraus: Zivilrechtlich sind Eheleute in der Bewertung des jeweiligen Endvermögens grundsätzlich frei (Palandt/Brudermüller, 76. Aufl., § 1376 BGB, Rn 1). Ihre Vertragsfreiheit wird im Schenkungsteuerrecht anerkannt. Wenn es der Rechtfertigung oder Erläuterung für einen vom Verkehrswert nach unten abweichenden Endvermögenswert bedarf, gehört sie in die Wertfindung. Von der Minderung eines rechnerisch ermittelten Zwischenanspruchs kann nur dringend abgeraten werden. Denn dafür fehlt zumindest dem Hess FG jedwedes Verständnis.

Dr. Hanspeter Daragan, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bremen

ZErb 9/2017, S. 264 - 268

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