Der Fall, entschieden 2015, ist lehrreich, da so gut wie alles schiefgegangen ist, was nur schiefgehen konnte, und eines der aufgeworfenen Probleme gerät erst in neuester Zeit verstärkt in den Blick:

Erblasser wird testamentarisch beerbt von A, B, C und D zu je 1/4. Im Nachlass ein Grundstück, belastet mit 57.000 DM Grundschuld nebst dinglichem Zins für die Sparkasse, die Darlehen längst zurückgeführt. A beantragt Teilungsversteigerung. Einen Monat vor dem Termin schreibt die Sparkasse an alle Erben, sie empfehle, die Grundschuld löschen zu lassen. Bis zum Termin geschieht nichts. Im Termin vom 7.11.2011 erfolgt Zuschlag an den Erwerber X, wobei die Grundschuld nebst Zins als Teil des geringsten Gebots bestehen bleibt. Am 12.11.2011 schreiben A, B und C gemeinsam an die Sparkasse, sie seien mit der Löschung einverstanden. D hatte nicht reagiert. Die Sparkasse schickt der A darauf eine Löschungsbewilligung. A händigt sie dem Erwerber X aus, der am 24.11.2011 die Löschung im Grundbuch beantragt. Eine Ablösezahlung fordert A dabei nicht, da sie annimmt, die Erbengemeinschaft habe nach erfolgter Versteigerung keine Rechte mehr. D (der Kläger) verlangt am 8.2.2012 von der (beklagten) Sparkasse Abtretung der Grundschuld an die Erbengemeinschaft. Diese erwidert ihm, eine Löschungsbewilligung an die A übersandt zu haben. Am 20.2.2012 vollzieht das Grundbuchamt die Löschung. D stellte die Forderung sodann um auf Schadensersatz in Höhe der Grundschuldvaluta nebst dinglichem Zins, zahlbar an die Erbengemeinschaft. Durch zwei Instanzen erfolgreich.

Bleibt bei der Teilungsversteigerung eine Grundschuld bestehen, wie sie hier für die Sparkasse eingetragen war, ist sie vom Erwerber als Teil des geringsten Gebots zu übernehmen, §§ 44 Abs. 1, 182 Abs. 1, 52 Abs. 1 ZVG. Wenn sie nicht mehr valutiert, wird sie – entgegen offenbar unausrottbarem Irrglauben – hierdurch nicht sozusagen automatisch zur "Eigentümergrundschuld", sondern bleibt Fremdrecht der Bank. Diese verwaltet das Sicherungsrecht für die Grundstückseigentümer fiduziarisch. Erlischt die gesicherte Forderung, entsteht ein schuldrechtlicher Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr. Diese kann rechtstechnisch erfolgen durch (a) Übertragung, also rangwahrende Abtretung, §§ 873, 1154, 1192 Abs. 1 BGB, (b) Verzicht, zu erklären gegenüber dem Grundbuchamt, womit eine ebenfalls rangwahrende Eigentümergrundschuld entsteht, §§ 1168, 1192 Abs. 1 BGB, oder (c) Aufhebung, womit das Recht nebst seinem Rang erlischt, §§ 875, 1183, 1192 Abs. 1 BGB. Den Rückgewähranspruch darf die Bank nicht durch Herausgabe einer Löschungsbewilligung an den Ersteher – statt an die früheren Eigentümer als die Grundschuldbesteller – vereiteln, ansonsten sie sich ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig macht (OLG Saarbrücken vom 21.4.2005 zu 8 U 222/04 – 94/04). Sie darf ihn aber auch den früheren Eigentümern gegenüber nicht durch Verzicht erfüllen, "weil dies ausschließlich dem Ersteher ... zugute käme" (OLG Frankfurt, FamRZ 2007, 1667, 1668 zu 2 b). Nach Zuschlagserteilung kommt also naturgemäß allein noch Abtretung der nicht mehr valutierten Grundschulden in Betracht (BGH, NJW-RR 1990, 1202); sodann können die früheren Eigentümer aus der – auf sie übergegangenen – Grundschuld gegen den Erwerber vorgehen, der Anspruch hierbei gerichtet auf Duldung der Zwangsvollstreckung, §§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB. Die Abtretung der Grundschuld erfolgt nach Maßgabe des § 1154 BGB. Die Abtretungserklärung muss von der Bank erteilt, also körperlich übergeben, und auf Verlangen öffentlich beglaubigt werden. Im Hinblick auf die Übergabeansprüche sind die Miterben Gesamtgläubiger. Blockiert einer der Gemeinschafter, ist der Anspruch des Miteigentümers gegen die Bank zu richten auf Hinterlegung der verkörperten Erklärung zugunsten aller Gesamtberechtigter, § 2039 Satz 2 Var. 1 BGB; eine Abtretungserklärung ist sicherlich Urkunde im Sinne des § 372 Satz 1 BGB. In der Praxis kürzt man das Procedere allerdings regelmäßig ab: Die früheren Eigentümer lassen sich Löschungsbewilligung erteilen und verkaufen dies Dokument an den Erwerber gegen Zahlung eines Ablösebetrages in Höhe des Grundschuldkapitals zuzüglich der stets sehr lukrativen dinglichen Zinsen.

Vor dem Versteigerungstermin kann der Sicherungsgeber noch wählen, welche Form der Rückgabe er verlangen will. Dies wäre im Fall der Erbengemeinschaft folglich unter den Miteigentümern zu beschließen (BGHZ 187, 169 = NJW-RR 2011, 164). Über ein – durch Verzicht entstandenes – Eigentümerrecht oder die durch Abtretung auf sie übergegangene Grundschuld können sie hierbei nur gemeinschaftlich verfügen, § 2040 Abs. 1 BGB, und die Forderung gegen die Bank auf Rückgewähr nur zur Gemeinschaft einziehen, § 2039 Satz 1 BGB. Unter dem Aspekt der §§ 2038 bis 2040 BGB wirft dies die Frage auf: Gibt es unter den Miterben einen Anspruch auf Löschung, um das Grundbuch zum Zwecke der Teilungsversteigerung lastenfrei zu machen?

Der Punkt ist im ordentlichen Verfahren auszustreiten. Als Grunds...

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