Auf einen Blick:

Der Testamentsvollstrecker eines nicht befreiten Vorerben hat nach der Rechtsprechung des BGH auch die Nacherbenrechte und -interessen zu wahren. Zudem geben die §§ 2124, 2126 BGB eine Kosten/Lasten-Verteilung zwischen Vor- und Nacherbmasse vor. Muss der Testamentsvollstrecker des nicht befreiten Vorerben tätig werden, sind diese Verteilungsgesichtspunkte mit der Art der Testamentsvollstreckung abzugleichen, wobei sich die funktionsbezogene Sichtweise der §§ 2197 ff BGB in vielen Fällen mit der Regelung der §§ 2124, 2126 BGB inhaltlich decken wird. Die Frage, welcher "Nachlasstopf" die Vergütung des Testamentsvollstreckers iSv § 2221 BGB zu bezahlen hat, kann somit dem Gesetz und seiner Wertung in vielen Fällen entnommen werden. Der Testamenstvollstrecker erhält somit Rechtssicherheit, er kann die Entnahme der Vergütung aus dem richtigen "Nachlasstopf" begründen. Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen wird man bei der Regelung der Vergütung streitvermeidend (wohl noch eingehender) überlegen müssen, wie die gesetzliche Systematik Eingang finden kann. Das BFH-Urteil vom 8.11.2017 wird auf die bisher gängigen Muster und Empfehlungen zur Wertgebühr wohl deutliche Auswirkungen haben.[37] Denn bestimmt z. B. der Erblasser in einer notariellen Urkunde oder anwaltlich beraten die Vergütung des Testamentsvollstreckers unter Bezugnahme auf ein übliches nachlasswertbezogenes Vergütungsmodell ohne Berücksichtigung der Aufteilungsvorgaben des BFH, ist dies ein Haftungsrisiko: nach dem Tod des Erblassers ist die (rückwirkende) Reparatur der Vergütungsverfügung durch spätere Wahl eines Aufteilungsmaßstabs steuerlich nicht zulässig. Vergütungsempfehlungen wie z. B. die des Dt. Notarvereins sollten daher für die Dauer- und Verwaltungsvollstreckung angepasst werden (es geht hier nicht bloß um die individuelle Anpassung von Zu- und Abschlägen), um die in den letzten Jahren erreichte Akzeptanz und Rechtssicherheit nicht zu gefährden.[38]

Die gängigen notariellen Hin- und Verweise auf die anderweitige steuerliche Verantwortlichkeit lösen das Problem für Erblasser und Testamentsvollstrecker nicht.

Autor: Von Dr. Stephan Schmidl , Rechtsanwalt, Traunstein

ZErb 8/2018, S. 193 - 197

[37] Ebenso Eskandari/Bick, ErbStB 2018, 67 f.
[38] Vgl. jüngst LG Freiburg, Urt. v. 12.1.2018, 11 O 1238/17; u. a. in ZErb Heft 4/2018, 96 ff.

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