Die Rechtsbeschwerde führt zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, § 850 i ZPO sei auf den Antrag auf Pfändungsschutz anwendbar. Als sonstige Einkünfte seien alle eigenständig erwirtschafteten Einkünfte anzusehen. Die Absicht des Gesetzgebers, mit der Neuregelung des § 850 i Abs. 1 S. 1 ZPO die Sozialhilfeträger dauerhaft zu entlasten, spreche gegen eine einschränkende Auslegung der Vorschrift. Daher seien auch Pflichtteilsansprüche des Schuldners als sonstige Einkünfte im Sinne des § 850 i Abs. 1 S. 1 ZPO zu behandeln. § 852 ZPO stelle keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 850 i ZPO dar, sondern ergänze den Pfändungsschutz. Da das Amtsgericht es abgelehnt habe, § 850 i ZPO anzuwenden, sei das Verfahren für die vorzunehmende Interessenabwägung und Ermessensentscheidung gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, insbesondere genügt die Begründung den Anforderungen des § 575 Abs. 3 Nr. 3 ZPO. (...)

b) Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Dem Schuldner steht kein Pfändungsschutz nach § 850 i ZPO hinsichtlich seiner Forderungen aus dem Pflichtteilsanspruch zu.

aa) Zutreffend geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass der Antrag zulässig ist und die Pflichtteilsansprüche dem Insolvenzbeschlag unterliegen. Insbesondere hat das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (§ 36 Abs. 4 InsO) gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO auch § 850 i ZPO anzuwenden.

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO umfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Insolvenzverfahrens erlangt. Dies gilt auch für Pflichtteilsansprüche, die ungeachtet § 852 ZPO in vollem Umfang zur Insolvenzmasse gehören, wenn der Erbfall vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) eintrat (BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 184/09, ZIP 2011, 135 Rn 8; HK-InsO/Ries, 7. Aufl. § 35 Rn 45). Im Streitfall trat der Erbfall am 3.6.2012 und damit vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens ein. Nachdem der Schuldner den Pflichtteilsanspruch gegen seine Mutter gerichtlich geltend machte, war er mit Rechtshängigkeit der Pfändung unterworfen (§ 852 Abs. 1 ZPO). Von diesem Zeitpunkt an konnte der Anspruch für die Insolvenzmasse verwertet werden.

bb) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht, dass dem Schuldner aus dem Pflichtteilsanspruch ein unpfändbarer Betrag gemäß § 850 i ZPO zur Verfügung zu stellen sei. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums aus nicht wiederkehrend zahlbaren Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder aus sonstigen Einkünften, die kein Arbeitseinkommen sind, so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Im Streitfall sind jedoch die Voraussetzungen für eine Unpfändbarkeit sonstiger Einkünfte des Schuldners nach § 850 i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO nicht erfüllt.

(1) Handelt es sich bei den sonstigen Einkünften nicht um Erwerbseinkünfte, können solche Einkünfte nach § 850 i Abs. 1 ZPO nur für unpfändbar erklärt werden, soweit dies erforderlich ist, damit dem Schuldner ein unpfändbares Einkommen in Höhe der von § 850 c Abs. 1, 2 a ZPO bestimmten Beträge verbleibt. Hingegen dient § 850 i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO nicht dazu, sonstige Einkünfte, die kein Erwerbseinkommen darstellen, in einem die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c Abs. 1, 2 a ZPO übersteigenden Umfang von der Pfändbarkeit freizustellen. Mithin kann der Schuldner nicht verlangen, sonstige Einkünfte nach § 850 i Abs. 1 ZPO ganz oder teilweise für unpfändbar zu erklären, wenn er wie im Streitfall aus anderen Quellen über ein pfändungsfreies Einkommen in Höhe der nach § 850 c Abs. 1, 2 a ZPO unpfändbaren Beträge verfügt.

(a) Dies ergibt sich aufgrund der gesetzgeberischen Interessenabwägung und Wertung, die § 850 i Abs. 1 ZPO zugrunde liegt. Danach ist Ziel der Norm ein doppeltes: Die Reform zielt in erster Linie dahin, den Pfändungsschutz für nicht abhängig Erwerbstätige zu erweitern (BT-Drucks. 16/7615 S. 9, 11 f, 14). Die Neuregelung soll die bisherige Ungleichbehandlung von abhängig beschäftigten und selbständig tätigen Personen beseitigen (BT-Drucks. aaO S. 12, 18; BGH, Beschl. v. 26.6.2014 – IX ZB 87/13, ZIP 2014, 1598 Rn 11). Hierzu soll der Pfändungsschutz für Selbständige dem Pfändungsschutz für Arbeitnehmer angeglichen werden (BT-Drucks. aaO S. 12).

Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist es nur erforderlich, das Erwerbseinkommen eines Selbständigen entsprechend den für ein Arbeitseinkommen geltenden Bestimmungen pfändungsfrei zu stellen. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichbehandlung von selbständig tätigen und abhängig beschäftigten Personen erfordert jedoch nicht, Einkünfte, die nicht auf einer Erwerbs...

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