Bedeutung für die Kunst ist der Rspr. des BVerwG zufolge dann zu bejahen, wenn "auf dem Grundstück befindliche Anlagen das ästhetische Empfinden in besonderem Maße ansprechen oder zumindest den Eindruck vermitteln, dass es sich dabei um etwas nicht Alltägliches oder um eine Anlage mit Symbolgehalt handelt."[32]

Ob und inwieweit diese Grundsätze auf bewegliche Gegenstände übertragbar sind, bleibt zunächst zweifelhaft. Die höchstrichterliche Rechtsprechung lässt indes offen, wie das öffentliche Interesse für von Grundbesitz losgelöste, bewegliche Kunstgegenstände zu bestimmen ist. Das FG Münster hat in einer zu diesen Fragen ergangenen Entscheidung[33] eine Bezugnahme auf die zu § 32 GrStG aufgestellten Anforderungen, unter Hinweis auf die mangelnde Vergleichbarkeit der Fallgruppen, abgelehnt.

Die Verwaltung bedient sich indessen, unter Bezugnahme auf die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 – ErbStR 2011,[34] aus Vereinfachungsgründen diverser Pauschalierungen. So gilt bei Gegenständen, die in der Denkmalliste oder in einem entsprechenden Verzeichnis eingetragen sind, der Nachweis des öffentlichen Erhaltungsinteresses als erbracht.[35] Dasselbe gilt für Gegenstände, die im Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder national wertvoller Archive (nationale Liste) eingetragen sind.[36] Die Eintragung in der Denkmalliste oder in der nationalen Liste ist gleichwohl keine Voraussetzung, um das Tatbestandsmerkmal der Bedeutung für die Kunst zu bejahen.

Mangels gesetzlicher Konkretisierung des Erhaltungsinteresses sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger – jedenfalls höchstrichterlicher – Rechtsprechung, wird Kunstsammlern bei der Frage, ob die Erhaltung eines konkreten Gegenstands im öffentlichen Interesse liegt, im Zweifel zur Einholung einer verbindlichen Auskunft gem. § 89 AO geraten werden müssen. Soweit die Frage der Verschonungswürdigkeit ungeklärt geblieben ist, hat das Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt den Nachweis hinsichtlich der Privilegierungsbedürftigkeit des Gegenstands anzufordern.[37]

Auch die Finanzverwaltung ist sich der Komplexität hinsichtlich der Beurteilung bewusst. So heißt es in den ErbStR 2011 weiter, dass – bei fehlender Eintragung in den genannten Verzeichnissen – der Nachweis darüber, dass die Erhaltung bestimmter Kunstwerke wegen ihrer Bedeutung für die Kunstgeschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, in Zweifelsfällen durch ein Gutachten der landesrechtlich zuständigen Behörde zu erbringen ist.[38]

Immerhin eine Indizwirkung für das Vorliegen des öffentlichen Erhaltungsinteresses soll zugunsten von Kunstsammlungen angenommen werden, denen auf dem Kunstmarkt eine hohe Wertschätzung (im monetären Sinne) entgegengebracht wird.[39] Diese Vermutung lässt aber mitnichten den Umkehrschluss zu, Kunstobjekte oder Kunstsammlungen von geringem Geldwert seien im Zweifel nicht erhaltenswert.[40]

[32] BVerwG v. 24. Juni 1969, KStZ 1969, 170; v. 8. Juli 1998 – 8 C 23.97, BStBl II 1998, 590, jeweils zu § 32 GrStG.
[34] Vgl. BStBl I, Sondernummer 1 2011, 2.
[35] R E 13.2 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2011.
[36] R E 13.2 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011.
[37] Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, ErbStG § 13 Rn 15.
[38] R E 13.2 Abs. 3 Satz 1 ErbStR 2011.
[39] So jedenfalls das FG Münster, Urteil v. 24.9.2014 – 3 K 2906/12 Erb, DStR 2015, 694, 697.
[40] Heuer/Cube, DStR 2015, 682, 683.

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