(...) Die Löschung des in Rede stehenden Nacherbenvermerks ist nicht zu beanstanden.

1. Die entgeltliche Verfügung eines befreiten Vorerben über ein Nachlassgrundstück ist auch dem Nacherben gegenüber wirksam (§ 2113 BGB). Eine Zustimmung des Nacherben ist nicht erforderlich. Hat der befreite Vorerbe entgeltlich verfügt, so scheidet der Nachlassgegenstand aus dem Nachlass aus (Meikel/Böhringer, Grundbuchordnung, 11. Auflage 2015, § 51 GBO, Rn 44 mwN). Der Nacherbenvermerk wird nachträglich gegenstandslos, wenn der Vorerbe endgültig wirksam im Sinne von § 2113 BGB verfügt hat. Mit Grundbuchvollzug ist der Nacherbenvermerk unrichtig (Meikel/Böhringer, aaO, § 51 GBO, Rn 184 mit Fn 447).

Zur Löschung eines Nacherbenvermerks ist entweder eine Bewilligung des Nacherbens (...) oder der Unrichtigkeitsnachweis erforderlich (vgl. Demharter, Grundbuchordnung, 30. Auflage 2016, § 51 GBO, Rn 37). Der Unrichtigkeitsnachweis ist auch in diesen Fällen grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen. Dies stößt bezüglich der Entgeltlichkeit der Verfügungen des befreiten Vorerben auf praktische Schwierigkeiten, ein rechnerisch genauer Nachweis ist in aller Regel nicht möglich. Deshalb ist in der Rechtsprechung bereits seit langem anerkannt, dass das Grundbuchamt berechtigt und verpflichtet ist, bei der Prüfung dieser Frage die Regeln der Lebenserfahrung und der Wahrscheinlichkeit anzuwenden (Meikel/ Böhringer, aaO, § 51 GBO, Rn 156 mwN). Unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten sind die gesamten Umstände des Falles unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Entgeltlichkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO offenkundig ist (OLG Rostock NotBZ 2017, 72). Die Rechtsprechung hat den allgemeinen Satz aufgestellt, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die dafür maßgeblichen Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit nicht ersichtlich sind (OLG München ZErb 2012, 45 mwN). Ein allgemeiner Erfahrungssatz besagt, dass ein Kaufvertrag mit einem unbeteiligten Dritten ein entgeltlicher Vertrag und keine Schenkung ist, wenn die Gegenleistung an den Vorerben beziehungsweise Testamentsvollstrecker erbracht wird (OLG München ZErb 2012, 45 mwN). Eine Verfügung ist hingegen unentgeltlich im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB, wenn der Vorerbe – objektiv betrachtet – ohne gleichwertige Gegenleistung ein Opfer aus der Erbschaftsmasse bringt und – subjektiv betrachtet – weiß, dass für dieses Opfer keine gleichwertige Gegenleistung zufließt, oder er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen (BayObLG DNotZ 1989, 182; OLG Frankfurt ZEV 2012, 672). Von – auch nur teilweiser – Unentgeltlichkeit kann deshalb nicht schon dann ausgegangen werden, wenn ein besserer Preis zu erzielen gewesen wäre oder wenn Leistung und Gegenleistung nicht völlig ausgeglichen sind. Es muss vielmehr zusätzlich das subjektive Element vorliegen, dass der Vorerbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen (BayObLG DNotZ 1989, 182; OLG Frankfurt ZEV 2012, 672; vgl. auch BGH ZEV 2012, 110). Dabei ist dem Vorerben bei der Abwägung von Leistung und Gegenleistung ein bestimmter Ermessensspielraum zuzubilligen (OLG Frankfurt ZEV 2012, 672; zum Ganzen vgl. Schaub in: Bauer/von Oefele, Grundbuchordnung, 3. Auflage 2013, § 51 GBO, Rn 142 mwN). In der Rechtsprechung wurde je nach den Umständen des Einzelfalles von Entgeltlichkeit auch dann noch ausgegangen, wenn sich die Parteien auf einen Kaufpreis von 80 % des durch ein Gutachten ermittelten Verkehrswertes geeinigt haben (KG MDR 2012, 654 – allerdings mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung).

Das Grundbuchamt muss sich bei der Prüfung der Entgeltlichkeit auf eine freie Würdigung des aus den vorgelegten Urkunden ersichtlichen Sachverhalts beschränken. Das Grundbuchamt ist weder berechtigt noch verpflichtet, Ermittlungen und Beweiserhebungen eigenhändig anzustellen (Meikel/Böhringer, aaO, § 51 GBO, Rn 158 mwN).

2. Im vorliegenden Fall hat das Grundbuchamt nach Würdigung aller Umstände zu Recht eine entgeltliche Verfügung angenommen, weshalb der Nacherbenvermerk zu Recht gelöscht worden ist.

Der Beteiligte Ziff. 4 als Käufer der verfahrensgegenständlichen Immobilie ist ein unbeteiligter Dritter im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung. Insbesondere bestehen auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen ihm und dem Beteiligten Ziff. 3 als befreitem Vorerben und Verkäufer. Demgemäß kann im Ausgangspunkt nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass die getroffene Verfügung voll entgeltlich ist. Das Verkehrswertgutachten der Stadt D. vom 3.5.2016 weist bezogen auf den Wertermittlungsstichtag 26.4.2016 einen Verkehrswert von 472.000 EUR aus. In dem zwischen dem Beteiligten Ziff. 3 und dem Beteiligten Ziff. 4 am 16.8.2017 geschlossenen notariellen Kaufvertrag wurde ein Kaufpreis von 485.000 EUR vereinbart. Nimmt man den im ...

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