Die Erblasserin errichtete am 7. August 1989 ein handschriftliches Testament, das von ihr und ihrem am 19. Februar 1996 vorverstorbenen Ehemann unterzeichnet ist. Dieses lautet auszugsweise wie folgt (Akten über Verfügungen von Todes wegen des Amtsgerichts Neukölln 61 IV 308/99, im Folgenden: Beiakte – BA-, Bl. 3):

Zitat

”Testament

Im Fall des Ablebens eines Ehepartners geht unser gesamtes Eigentum, inclusive Erbbauheimstätte … in den Besitz des überlebenden Ehepartners über. Für eventuelle erforderliche weitere Verfügungen und Klärungen der übrigen Probleme aller Art wird hiermit unsere Tochter G... … bevollmächtigt. Die endgültige Verfügung über die o.g. Erbbauheimstätte soll vorrangig die Tochter erhalten, welche eigene Kinder hat und dort ihren festen Dauerwohnsitz nimmt. Sollten eine oder beide Töchter nach dem Ableben eines Ehepartners auf Erhalt ihres Erbanteils bestehen, so erhalten diese nur den gesetzlichen Pflichtanteil. – Wenn beide Töchter kinderlos bleiben, geht die Erbbauheimstätte an die älteste Tochter (G... ) über.

1000 Berlin 47, den 7.8.1989”

Die Beteiligte zu 2) ist die im Testament erwähnte Tochter G... der Eheleute, die Beteiligte zu 1) ist die jüngere Tochter. Weitere Abkömmlinge der Eheleute sind nicht vorhanden.

Nach dem Tod des Ehemannes wurde das vorstehende Testament eröffnet. Die Erblasserin gab den Wert der Erbbauheimstätte (das auf einem Erbbaugrundstück stehende, von den Eheleuten bewohnte Einfamilienhaus) mit ca. 70.000 DM an. Es bestanden zu diesem Zeitpunkt weitere Guthaben und Wertpapiere mit einem Gesamtwert von rund 350.000 DM (BA, Bl. 7).

Die Erblasserin errichtete am 19. Juli 1999 vor dem Notar ... R... zu dessen UR-Nr. 398/1999 (BA, Bl. 22 – 24) ein Testament, in dem sie in § 1 erklärte, das am 7.8.1989 errichtete gemeinschaftliche Testament entfalte ihres Erachtens

Zitat

“keine Bindungswirkung, da

– meine Tochter I... ........ mittlerweile Pflichtteilsansprüche nach meinem verstorbenen Ehemann fordert (auch wenn diese verjährt sind) und damit auch nach mir auf den Pflichtteil gesetzt sein sollte

– es sich bei der Einsetzung der Erbbauheimstätte um ein Vermächtnis und nicht um eine Schlußerbeneinsetzung handeln sollte ...“

In § 2 widerrief sie sämtliche früheren Verfügungen von Todes wegen.In § 3 setzte sie die Beteiligte zu 2) zu ihrer Erbin ein.

Am 15. Juli 2002 richteten die Erblasserin und die Beteiligte zu 1) ein vorab per Fax übersandtes maschinelles Schreiben an den Notar R... (Bl. 51 d. A.), in dem das heutige Erscheinen des von der Erblasserin bevollmächtigten Ehemannes der Beteiligten zu 2) angekündigt wird, und das von der Erblasserin und der Beteiligten zu 1), letztere bezeichnet als "Erbabschlagsnehmerin", unterzeichnet ist. Dort führte die Erblasserin aus, die Beteiligte zu 1) habe sie um die Auszahlung ihres Pflichtteils vom späteren Gesamterbe gebeten, der sich an der ”derzeitlichen Vermögenssituation” der Erblasserin orientieren sollte. Man habe den Vorschlag des Schwiegersohnes – des Ehemannes der Beteiligten zu 2) – angenommen und entschieden, dass die Beteiligte zu 1) eine Summe von 100.000 DM ausgezahlt bekommt. Weiter heißt es in dem Schreiben:

Zitat

"Diese Summe ersetzt nicht die 25% sondern gilt als Abschlag und wäre nach meinem Ableben von dem entsprechenden Testamentsverwalter zu berichtigen. "

Die Erbvorauszahlung setzt voraus, das meine Tochter I... zu meinen Lebzeiten auf weitere jedwede Ansprüche verzichten muss es sei denn ich verfüge dieses von mir heraus und lasse dieses dann auch jeweils von ihr abzeichnen.

Nach meinem Ableben soll meiner Tochter aus dem dann noch bestehenden Vermögen der ihr zustehende Rest zukommen, d. h. die jetzige Auszahlung ist bereits davon abgezogen, das bedeutet jedoch nicht das der Pflichtteil den Erbanteil meiner Tochter ersetzt.

Da meine andere Tochter G... … zum jetzigen Zeitpunkt auf eine Summe in gleicher Höhe verzichten will, steht ihr diese nach meinem Ableben dann selbstverständlich mehr zu.

Dies bedeutet: Nach meinem Ableben steht das dann noch vorhandene Vermögen meinen beiden Kindern grundsätzlich zu gleichen Teilen unter Abzug der Vorauszahlungen seit dem 15.7.2002 zu. … ”

Weiter heißt es in dem Schreiben, dass der Beteiligten zu 1) das Geld grundsätzlich zur sofortigen Verfügung stehen, iHv 35.790,43 EUR jedoch gewinnbringend angelegt werden soll, um es der Erblasserin in Notzeiten wieder unterstützend auszahlen zu können. Außerdem habe sie ihre Finanzen mit denen ihres Schwiegersohnes zusammen veranlagt, dieser Anteil müsse im Erbschaftsfall ausgegrenzt werden.

Am 23. Juli 2002 beurkundete der Notar R... zu seiner Urkundenrolle Nr. Ru 540/2002 (Bl. 42 – 45 dA) einen Schenkungsvertrag zwischen der Erblasserin und der Beteiligten zu 1) über die Schenkung von in vier Teilbeträgen zu zahlenden 51.129,19 EUR (100.000 DM). In § 3 der Urkunde heißt es, dass die Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf spätere Erb- oder Pflichtteilsansprüche des Beschenkten nach dem Schenker erfolge. Sollte de...

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