Ein ausscheidender Gesellschafter hat grundsätzlich einen Anspruch auf Abfindung zum vollen Wert seiner Beteiligung. Die Abfindung ausscheidender Gesellschafter kann aber in dem Gesellschaftsvertrag betragsmäßig reduziert oder über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Im Erbfall kann die Abfindung sogar in bestimmten Fällen ganz ausgeschlossen werden.

a) Abfindungshöhe

Der BGH hält eine Abfindungsregelung gemäß § 138 Abs. 1 BGB für nichtig, wenn eine vertraglich vereinbarte Abfindung in einem groben Missverhältnis zu der Abfindung nach dem vollen wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils steht.[10] Ein grobes Missverhältnis liegt vor, wenn die gesetzlich vorgesehene Abfindung nach dem Verkehrswert vollkommen unangemessen verkürzt wird. Schematische prozentuale Grenzen für das Vorliegen eines groben Missverhältnisses gibt es nicht, da stets eine Einzelfallabwägung zwischen den Vermögensinteressen des betroffenen ausscheidenden Gesellschafters und dem Bestandsinteresse der Gesellschaft sowie der verbleibenden Gesellschafter vorzunehmen ist. Dabei spielt es nach der Rechtsprechung keine Rolle, aus welchem Rechtsgrund die Beteiligung erworben wurde. Selbst wenn der Gesellschafter den Anteil schenkweise erhalten hat, macht ihn dies nicht zu einem Gesellschafter "zweiter Klasse".[11] Eine Abfindung iHv 75 % des Verkehrswerts wird allgemein für wirksam erachtet.[12]

Für große, generationenübergreifende Familiengesellschaften, die insbesondere in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG strukturiert sind, wird im Schrifttum jedoch diskutiert, ob als Maßstab der Abfindungshöhe nicht die tatsächlichen Ausschüttungen dienen müssten. Aufgrund der Nähe zur Familienstiftung seien Gesellschafter dieser Gesellschaften eher mit Destinatären vergleichbar.[13]

[12] Das Schrifttum hält Abfindungsbegrenzungen, die unter der Hälfte des Verkehrswerts liegen, stets für sittenwidrig, soweit die Begrenzung nicht durch besondere Umstände gerechtfertigt wird, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Lorz, HGB, § 131 Rn 141; Wolf, Abfindungsbeschränkungen bei Familiengesellschaften, MittBayNot 2013, 9, 10 mwN. Für zwei Drittel des tatsächlichen Anteilswerts als Faustregel MüKo-BGB/Schäfer, § 738 Rn 52; Bamberger/Roth/ Schöne, § 738 Rn 41.
[13] Ulmer, Die große, generationenübergreifende Familien-KG als besonderer Gesellschaftstyp, ZIP 2010, 549, 552 ff; Ulmer, Die Beschränkung des Austrittsrechts und der Abfindungsansprüche in der Familien-KG, ZIP 2010, 805, 816; Wolf, Abfindungsbeschränkungen bei Familiengesellschaften, MittBayNot 2013, 9, 14 ff; MüKo-BGB/Schäfer, § 738 Rn 59 a.

b) Regelung der Auszahlungsmodalitäten

Der Gesellschaftsvertrag kann auch hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten Regelungen treffen. Üblich ist insoweit eine zeitliche Streckung, etwa Auszahlung in mehreren gleichen Jahres- oder Halbjahresraten bei marktüblicher Verzinsung. Jedoch darf auch diesbezüglich nicht grob unbillig von der gesetzlichen Regelung des § 271 BGB abgewichen und ein übermäßig langer Auszahlungszeitraum bestimmt werden. Ein Auszahlungszeitraum von bis zu fünf Jahren ist in der Regel nicht zu beanstanden. Bei einer sonst gesellschafterfreundlichen Abfindungsklausel kann unter Umständen auch ein längerer Zeitraum noch angemessen sein. Ein Zeitraum von mehr als 10 Jahren wird für unzulässig gehalten.[14]

[14] Ulmer, Die Beschränkung des Austrittsrechts und der Abfindungsansprüche in der Familien-KG, ZIP 2010, 805, 810; Eckhardt, Rechtssichere Abfindungsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen: ein unlösbares Problem für die Gestaltungspraxis?, notar 2015, 347, 352.

c) Abfindungsausschluss bei Tod eines Gesellschafters

Es wird von der Rechtsprechung und Literatur nach wie vor zugelassen, dass die Abfindung für Erben, die nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags nicht nachfolgeberechtigt sind, völlig ausgeschlossen wird.[15]

[15] Baumbach/Hopt, HGB, § 131 Rn 62; schon RG, Urt. v. 23.10.1934, II 129/34 (Familiengesellschaft); BGH, Urt. v. 22.11.1956, II ZR 222/55, NJW 1957, 180; BGH, Urt. v. 29.4.2014, II ZR 216/13, NZG 2014, 820.

d) Abfindungsausschluss bei treuhänderischer Beteiligung

Zu begrüßen wäre es, wenn zumindest der Grundgedanke der Rechtsprechung des BGH zum Abfindungsausschluss bei treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen von Mitarbeitern[16] auf rein vermögensverwaltende Familienpools angewendet würde.[17] Diese Auffassung vertritt wohl zumindest das OLG Karlsruhe.[18] In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Ehemann von seinen Schwiegereltern unentgeltlich eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden KG erhalten, deren Gesellschafter die Familienmitglieder seiner Ehefrau waren. Nach dem Gesellschaftsvertrag war der Ehemann im Fall einer Scheidung verpflichtet, den Gesellschaftsanteil nach Wahl seiner Ehegattin auf diese oder die zu ihrem Stamm gehörigen Kinder unentgeltlich zu übertragen. Obwohl der Fall zu Ausführungen über die Wirksamkeit von Abfindungsklauseln keinen Anlass bot, war das OLG Karlsruhe der Auffassung, dass der Gesellschaftsvertrag eine Abfin...

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