Gem. § 11 Abs. 2 S. 2 letzter Hs. BewG ist der Wert (zwingend) unter Anwendung derjenigen Methode zu bestimmen, die auch ein gedachter Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass weder willkürlich eine andere, zu höheren Werten führende, Bewertungsmethode vorgegeben noch ein Mittelwert aus verschiedenen Bewertungsmethoden der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann.[59] Ein Widerspruch zu § 9 Abs. 2 BewG ist hierin nicht zu sehen. Denn auch wenn im Geschäftsverkehr nicht stets allein auf die Erwerberperspektive abzustellen ist, regelt die Norm lediglich die Methodenauswahl; unter Anwendung dieser Methode ist sodann aber ein objektivierter Unternehmenswert[60] zu ermitteln. Diese Vorgehensweise entspricht prinzipiell auch der im Rahmen realer Transaktionen, weil das so ermittelte Ergebnis regelmäßig den Grenzpreis des Erwerbers darstellt; ein höherer Erlös ist durch einen gedachten Verkäufer meist nicht zu realisieren.

Grundsätzlich geht das Gesetz in § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG von einer Anwendbarkeit des Ertragswertverfahrens aus.[61] Nur soweit ein anderes Verfahren anerkannt und im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblich ist, kommt seine alternative Anwendung überhaupt in Betracht. Diese Merkmale sind nicht durch juristische Deduktion, sondern ausschließlich durch empirische Marktbeobachtung feststellbar.[62] Ein Wahlrecht zwischen ertragswertorientierter Bewertung[63] und alternativen Bewertungsmethoden besteht also von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht.[64] Die Verteilung der Feststellungslast – diese trägt stets derjenige, der sich auf die Anwendbarkeit einer anderen, nach der Definition des Gesetzgebers nicht ertragswertorientierten Methode beruft[65] – führt jedoch mitunter dazu, dass ein faktisches Wahlrecht zugunsten des Steuerpflichtigen angenommen werden kann.[66]

Ein echtes Wahlrecht (allein) zugunsten des Steuerpflichtigen gilt nur im Hinblick auf das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff BewG). Das Finanzamt ist an das vereinfachte Ertragswertverfahren gebunden.[67] Wählt also der Steuerpflichtige die Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren, kann dieses nur unter der Voraussetzung verworfen werden, dass es zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.[68]

[59] Anders aber anscheinend Hübner/Hübner, S. 483 ff.
[60] Und nicht etwa ein Argumentationswert, vgl. IDW S 1 Tz 12, FN – IDW 2008, 271, 274.
[61] Vgl. auch Piltz, DStR 2008, 745, 748.
[62] Vgl. insoweit insbesondere FM Bayern 34/31/33 – S 3102 – 0006 – 333/13, DStR 2013, 1385 ff.
[63] Ertragswertverfahren oder DCF-Verfahren.
[64] AA: Wiegand, Beihefter zu DStR 51-52/2008, 95; ebenso Kußmaul/Pfirmann/Hell/Meyering, BB 2008, 472, 477.
[65] BT-Drucks 16/7918, Begründung, S. 65 zu Nr. 2.
[66] Im Ergebnis ebenso Piltz, DStR 2008, 745, 748.
[67] Soweit das Ergebnis nicht offensichtlich unzutreffend ist, vgl. R B 199.1 Abs. 3 S. 2 ErbStR 2011.
[68] R B 199.1. Abs. 4 S. 2.

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