Im Rahmen der Unternehmensbewertung sind sämtliche Faktoren, die – aus der Perspektive des Stichtages – den Wert des Unternehmens bestimmen, zu berücksichtigen. Das schließt ggf. auch den Tod des Unternehmers mit ein.[50]

Die Formulierung "unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten" zielt nach der Vorstellung des Gesetzgebers in erster Linie auf die Ertragswertmethode[51] ab.[52] Diese folgt dem Grundsatz der Gesamtbewertung,[53] also der einheitlichen Ermittlung des Ertragswerts der wirtschaftlichen Einheit "Unternehmen" bzw. Kapitalgesellschaft. Ausgangspunkt der Bewertung ist dabei die zukünftig zu erwartende Ertragskraft des Unternehmens. Denn das Gesetz spricht eindeutig von "Ertragsaussichten". Der Unternehmenswert ergibt sich als Summe aus dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens und dem Wert etwa vorhandenen nicht betriebsnotwendigen Vermögens.

Die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren ist jedoch nach Auffassung des Gesetzgebers nicht für die Bewertung aller Unternehmen geeignet. In bestimmten Branchen werden vorrangig andere Bewertungsmethoden zur Preisfindung herangezogen. Dies soll das Steuerrecht respektieren.[54] Daher kann die Bestimmung des gemeinen Werts (Verkehrswerts) auch anhand anderer für außersteuerliche Zwecke gebräuchlicher Verfahren erfolgen. Zu diesen alternativen Methoden gehören u. a. vergleichsorientierte Verfahren und Multiplikatormethoden.[55]

Auch wenn die in das Gesetz hinein formulierte Unterscheidung zwischen ertragswertorientierten Bewertungsverfahren und anderen üblichen Verfahren dogmatisch nicht überzeugt, verdeutlicht sie doch das vom Gesetzgeber gewollte Primat der Bewertung auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Unternehmenswertgutachtens nach der Ertragswert- bzw. der DCF-Methode.[56] Denn ein alternatives Bewertungsverfahren kommt nur dann in Betracht, wenn es eine im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke "übliche Methode" darstellt. Dieser Üblichkeitsvorbehalt besteht für die (nach der Definition des Gesetzgebers) ertragswertorientierte Bewertung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass ein gedachter Erwerber des Unternehmens auf eine alternative Bewertungsmethode zurückgreifen würde, können sich insbesondere aus branchenspezifischen Verlautbarungen ergeben.[57]

Gem. § 11 Abs. 2 S. 4 BewG sind die §§ 199 bis 203 BewG zu berücksichtigen. Demzufolge kann auch das vereinfachte Ertragswertverfahren – zur Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten – angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren "nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt". Diese Einschränkung zählt nach Auffassung der Finanzverwaltung zu den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verfahrens.[58]

[50] R B 11.2 Abs. 2 S. 5 ErbStR 2011.
[51] Bzw. das DCF-Verfahren (Discounted Cash Flow)
[52] BT-Drucks 16/7918, Begründung S. 65 zu Nr. 2.
[53] Piltz, DStR 2008, 745, 746.
[54] BT-Drucks 16/7918, Begründung S. 65 zu Nr. 2.
[55] BT-Drucks 16/7918, Begründung S. 65 zu Nr. 2; vgl. auch Piltz, DStR 2008, 745, 747.
[56] Im Zweifel entsprechend dem Standard IDW S 1, FN – IDW 2008, 271 ff.
[57] Vgl. R B 11.2 Abs. 2 S. 3 ErbStR 2011; FM Bayern 34/31/33 – S 3102 – 0006 – 333/13, DStR 2013, 1385 ff; zur Bewertung sog. Professional Service Firms vgl. Berndt/Gutsche/Offenhammer, BB 2010, 1203 ff.
[58] R B 199.1 Abs. 4 S. 2 ErbStR 2011.

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