Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
Der Begriff "gewöhnlicher Geschäftsverkehr" bezeichnet dabei den sich nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen vollziehenden Handel, bei dem der Preis allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Kennzeichnend ist darüber hinaus, dass die Vertragspartner einander ohne (ggf. auch wirtschaftlichen) Zwang aus freien Stücken und unter Wahrung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen gegenübertreten.[128] Das ist beispielsweise im Zwangsversteigerungsverfahren prinzipiell nicht der Fall.[129]
Die Beschaffenheit eines Wirtschaftsguts wird durch sämtliche charakteristischen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestimmt.[130] Zu diesen Verhältnissen gehört auch die Individualität des jeweiligen Wirtschaftsguts.[131] Bei Gesellschaftsanteilen hängt die Beschaffenheit daher zum einen von der wirtschaftlichen Ertragskraft bzw. dem Wert des von der Gesellschaft gehaltenen Unternehmens ab, zum anderen von der rechtlichen (insbesondere gesellschaftsvertraglichen) Ausgestaltung der durch die Anteile verkörperten Beteiligungsrechte. Soweit es sich bei diesen nicht um ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse iSv § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG handelt, müssten sie also in die Ermittlung des gemeinen Werts einfließen (auch wenn § 97 BewG dies gerade nicht ermöglicht).
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen