Dr. Michael Bonefeld/Dr. Thomas Wachter

zerb verlag, 3. Aufl. 2014, 1.808 Seiten gebunden, 119,– EUR

ISBN 978-3-941586-96-3

1. "Der Fachanwalt für Erbrecht" richtet sich primär – das besagt bereits der Titel – an im Erbrecht tätige Rechtsanwälte. Das in der aktuellen Auflage von 28 Autoren bearbeitete Werk behandelt alle Bereiche, welche in der erbrechtlichen Praxis wichtig sind. Neben den materiell-rechtlichen Grundlagen des Erbrechts erwarten den Leser Darstellungen zur Ausgestaltung des erbrechtlichen Mandatsverhältnisses, zur vorweggenommener Erbfolge, zu Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen, zum Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht, zur Unternehmensnachfolge, zu Schnittstellen zwischen Erb-, Familien- und Sozialrecht, zum Bewertungsrecht, zum Steuerrecht sowie zum internationales Erbrecht. Im Anhang finden sich Übungsklausuren für die Fachanwaltsprüfung und Anmerkungen zur richtigen Antragstellung für die Verleihung des Fachanwaltstitels. Zahlreiche Formulierungs- und Fallbeispiele sowie Praxishinweise werden gegeben.

2. Insgesamt gefällt dem Rezensenten das Werk gut. Nur im Hinblick auf die Formulierungsbeispiele ist die Meinung des Rezensenten geteilt. Freilich: Formulierungsbeispiele sind hilfreich und die Tendenz, Praktikerwerke um eben solche zu ergänzen, ist ungebrochen. "Der Fachanwalt für Erbrecht" enthält aber auch eine Vielzahl von Formulierungsbeispielen, welche tatsächlich vollständige und in sich geschlossene Formulare sind. Auch wenn diesen Formularen Erläuterungen vorangestellt sind, werden nicht immer alle in die Formulare aufgenommenen Klauseln und deren Hintergrund dargestellt. Das Ganze sei an einem Beispiel erläutert: Im Kapitel Testamentsgestaltung findet der Leser ein Formulierungsbeispiel für ein Geschiedenentestament. Dieses Formular entstammt wörtlich der Dissertation von Frohnmayer aus dem Jahr 2004 (Geschiedenentestament, DNotI-Schriftenreihe Band 14, § 17 Anh.). Dies ist entsprechend zitiert und nicht zu beanstanden. Allerdings verwendet Frohnmayer in seinem Formular die sog. "Dieterle-Klausel" (nach dem Vorschlag von Dieterle, BWNotZ 1971, 15 f). Danach sollen Nacherben diejenigen Personen sein, welche der Vorerbe zu seinen eigenen Erben eingesetzt hat. Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 10.12.1999 (DNotZ 2001, 143 = ZEV 2001, 316 = OLGR Frankfurt 2000, 212 = FamRZ 2000, 1607) die "Dieterle-Klausel" wegen Verstoßes gegen § 2065 Abs. 2 BGB für unwirksam erachtet. Höchstrichterlich entschieden ist die Frage der Zulässigkeit bis heute nicht; im Schrifttum ist sie umstritten (ausführlich zum Streitstand und mit berechtigter Kritik an der Entscheidung des OLG Frankfurt: Ivo, DNotZ 2002, 260). Frohnmayer (aaO S. 44–62) spricht sich in seiner Arbeit mit guten Argumenten für die Zulässigkeit der Dieterle-Klausel aus und widerlegt die Rechtsauffassung des OLG Frankfurt. Für die Praxis gesichert ist dieses Ergebnis aber nicht. Wörtlich führt Frohnmayer in seiner Bewertung (aaO S. 61) hierzu aus: "Auch an dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass die – hier vertretene – Zulässigkeit einer Bestimmung der gewillkürten Erben des Vorerben zu Nacherben umstritten ist. Vor allem das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung hierzu stellt für die gestalterische Praxis einen Unsicherheitsfaktor dar. Einige Stimmen warnen bereits aus diesem Grund vor einer entsprechenden Gestaltung. Auch die Entscheidung des OLG Frankfurt stellt zumindest ein weiteres Risiko dar. Der Erblasser muss sich der Problematik jedenfalls bewusst sein." Wenn entsprechende Hinweise bei Abdruck eines Formulars nicht gegeben werden, kann sich der Nutzen ins Gegenteil verkehren. Jede Formularklausel sollte sich dem Leser durch Darstellung der Hintergründe erschließen.

Darüber hinaus bleibt hinsichtlich des Unterabschnitts zur erbrechtlich motivierten Adoption in § 25 anzumerken, dass dieser – im Gegensatz zum sonstigen Werk – bisher keine Literatur- und Rechtsprechungsnachweise beinhaltet. Zudem wird hier irrtümlicherweise angeführt, dass eine Volljährigenadoption (§§ 1767 ff BGB) im Unterschied zur Minderjährigenadoption ein bereits entstandenes Eltern-Kind-Verhältnis voraussetzt und die bloße Erwartung, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis zukünftig entsteht, für eine Volljährigenadoption nicht ausreicht (S. 1336). Insoweit dürfte ein Missverständnis vorliegen. Nach § 1767 Abs. 1 Hs. 2 BGB ist die sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption indiziert, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Sie kommt aber selbstverständlich auch in Betracht, wenn lediglich zu erwarten ist, dass zukünftig ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB verweist insoweit auf § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB, wo dies entsprechend normiert ist.

3. Fazit: "Der Fachanwalt für Erbrecht" besticht auch in der dritten Auflage durch seine praxisorientierte Ausrichtung. Alle Themen, denen in der erbrechtlichen Mandatspraxis besondere Bedeutung zukommt, werden sorgfältig und wissenschaftlich fundiert auf...

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