Die Revision ist aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil sich während des Revisionsverfahrens die Verfahrensgegenstände, über deren Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert haben (§ 127 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). An die Stelle der Schenkungsteuerbescheide vom 18. Juni 2009, über die das FG entschieden hat, sind während des Revisionsverfahrens die Änderungsbescheide vom 13. Dezember 2012 getreten und nach § 121 Satz 1 iVm § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (BFH-Urteile vom 2. März 2011 II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147, Rn 23, und vom 28. Juni 2012 III R 86/09, BFHE 238, 68, Rn 8, je mwN).

Dies ändert aber nichts daran, dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Grundlage für die Entscheidung des BFH bilden; da das finanzgerichtliche Verfahren nicht an einem Verfahrensmangel leidet, fallen die Feststellungen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nämlich nicht weg (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1147, Rn 23, und in BFHE 238, 68, Rn 9, je mwN).

Die Sache ist spruchreif. Die Klagen sind begründet. Die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide und die Einspruchsentscheidungen sind rechtswidrig und aufzuheben. Freigebige Zuwendungen des V an die Kläger liegen entgegen der Ansicht des FA nicht vor.

1. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--).

a) Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d. h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten (BFH-Urteile vom 7. November 2007 II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258; vom 9. Juli 2009 II R 47/07, BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74; vom 28. Oktober 2009 II R 32/08, BFH/NV 2010, 893, Rn 11; vom 9. Dezember 2009 II R 28/08, BFHE 228, 169, BStBl II 2010, 566, Rn 9; vom 27. Oktober 2010 II R 37/09, BFHE 231, 223, BStBl II 2011, 134, Rn 17, und vom 15. Dezember 2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rn 9). In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteile in BFHE 231, 223, BStBl II 2011, 134, Rn 17, und in BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rn 9).

b) Die Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Bedachten muss sich auf die Vermögenssubstanz (einschließlich der Überlassung eines Vermögensgegenstands zum Gebrauch oder zur Nutzung; vgl. dazu Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rn 28 bis 34, 61) beziehen. Die Vermehrung der Vermögenssubstanz des Bedachten kann dabei nicht nur durch den Zugang aktiver Vermögensgegenstände, sondern auch durch den Wegfall negativer Vermögensgegenstände (insbesondere Schulden und andere geldwerte Verpflichtungen) und durch das Erhalten von Gebrauchs- oder anderen Nutzungsmöglichkeiten geschehen (Gebel, aaO, § 7 Rn 43 ff., 57, 71 f, 187, 199, 414; Weinmann in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rn 14 bis 18a).

c) Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des "Schenkers" genügt demgegenüber nicht (Gebel, aaO, § 7 Rn 22, 28). Erhöht sich lediglich der Wert des Vermögens des "Bedachten" wie etwa der Wert ihm gehörender Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so reicht dies ebenfalls nicht zur Verwirklichung des Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1995 II R 67/93, BFHE 179, 157, BStBl II 1996, 160; vom 19. Juni 1996 II R 83/92, BFHE 181, 88, BStBl II 1996, 616, und in BFHE 228, 169, BStBl II 2010, 566, Rn 10; Gebel, aaO, § 7 Rn 43, 57, 187, 199, 414; Fischer, in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 7 Rn 73; Viskorf, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1998, 150; aA Weinmann, aaO, § 7 Rn 178; Hucke, Betriebs-Berater 2001, 1932; Gottschalk, DStR 2002, 377, 385 ff.; Hübner, DStR 2008, 1357; Birnbaum, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2009, 125; Schulte/Petschulat, Disquotale Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen im Schenkungsteuerrecht, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 484, 2013, S. 37).

Der Gesetzgeber geht nunmehr ebenfalls davon aus, dass die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fällt. Er hat daher in dem durch das Gesetz vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) eingefügten § 7 Abs. 8 ErbStG die Voraussetzungen, unter denen die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung gilt, gesondert geregelt. Von dieser Vorschrift erfasst werden zum einen die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt (Satz 1), sowie bestimmte Zuwen...

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