Lebensversicherungen – gleich ob mit oder ohne Erlebensfallleistung – erfreuen sich im Rahmen der Nachfolgeplanung seit Langem großer Beliebtheit: Zum 31.12.2010 bestanden in Deutschland 90,5 Mio. Hauptversicherungen mit einer kumulierten Versicherungssumme von 2,6 Bio EUR.[2]

Neben der unmittelbaren Versorgung der Familie dienen gerade Risikolebensversicherungen häufig der Deckung spezifischer im Erbfall drohender Liquiditätsströme, die dann unter Schonung des regelmäßig nicht kurzfristig liquidierbaren Sachvermögens im Nachlass befriedigt werden sollen: Pflichtteilsansprüche, Abfindung weichender Miterben, Erbschaftsteuerbelastungen.[3]

Schließt der Erblasser den LV-Vertrag selbst ab und räumt seinem Ehegatten[4] das Bezugsrecht für den Todesfall ein, unterliegt die Versicherungssumme der Erbschaftsteuer, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG[5], wiewohl sich der zivilrechtliche Erwerb "am Nachlass" vorbei vollzieht. Erwirbt der Ehegatte daneben Vermögen durch Erbeinsetzung, Vermächtnis oder aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteils, werden Versicherungssumme und übriger Erwerb addiert und zusammen in einer Summe versteuert.[6] Nicht selten kommt es dabei zu einem besonderen Ärgernis: Die LV-Summe führt zu einem Progressionssprung (Vollmengenstaffeltarif!) und es kommt – vorbehaltlich der Härtefallregelung, § 19 Abs. 3 ErbStG – zu einer Höherbesteuerung des Gesamterwerbs.

Gerade bei Eheleuten wird daher in der Nachfolgeberatung häufig zum Abschluss gekreuzter Lebensversicherungen geraten, bei denen jeder Ehegatte als Versicherungsnehmer auf das Leben des Ehepartners als versicherter Person eine Versicherung abschließt.[7] Der VN ist beim Tod des Ehegatten dann aus eigenem Vertrag bezugsberechtigt. In diesem Fall greifen weder § 3 Abs. 1 Nr. 1 noch Nr. 4 ErbStG, die Auszahlung der LV-Summe an den VN stellt per se keinen der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegenden Erwerb dar.[8]

[2] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2010/2011, S. 14, 16, www.gdv.de (Abruf: 17.2.2011).
[3] Geck, ZEV 1995, 140; Andres, in: Scherer, MAH Erbrecht, 3. Aufl. 2010, § 47, Rn 13; Meincke, ErbStG, 15. Aufl. 2009, § 3 Rn 76.
[4] Die nachstehenden Ausführungen gelten entsprechend für Lebenspartner (LPartG) und wegen § 17 Abs. 2 Satz 2 ErbStG auch für Kinder, die eine Lebensversicherung auf das Leben ihrer Eltern abgeschlossen haben.
[5] Nach Rspr. selbst bei unwiderruflichem Bezugsrecht keine Schenkung unter Lebenden, BFH, Urt. v. 30.6.1999, Az: II R 70/07, DStR 1999, 1764; Urt. v. 7.10.2009, Az: II R 27/07, ErbR 2010, 196.
[6] Meincke, aaO (Fn 3), § 10 Rn 10.
[7] Kottke, DB 1990, 2446, 2447; Geck, ZEV 1995, 140, 142; Reimann, ZEV 1997, 129; Scherer, BB-spezial 5/2004, 2, 5, 7; Fetzer/Götzenberger, DB 2009, 2290, 2291 f; Andres, aaO (Fn 3), § 47 Rn 52, 123.
[8] Obiter dictum BFH, Urt. vom 12.6.1953, Az: III 19/52 S, BStBl III 1953, 247 = juris, Rn 8 unter Bezugnahme auf RFH, Urt. vom 17.12.1942, Az: IV 159/42; hM vgl. Nachweise in Fn 6, ferner Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, 3. Aufl. 2012 Rn 2936.

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