Da Großbritannien ohne ein allseitiges Einvernehmen nicht aus dem EWRA ausscheidet, kommt es letztendlich darauf an. welches Ziel die leitenden Brexiteers wirklich verfolgen.

Die Mitgliedschaft im EWR beibehalten kostet Großbritannien nichts. Denn der Finanzierungsmechanismus des Art. 116 EWR gilt nur für die EFTA-Staaten.[14] Einen Vorrang des EWRA gegenüber dem englischen Recht gibt es nicht mehr. Denn die dahingehende Rechtsprechung des EuGH[15] und die damit übereinstimmende Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshofs[16] binden Großbritannien nicht mehr. Das EWRA selbst ist nur noch ein Handelsabkommen. Darüber kann sich das britische Parlament hinwegsetzen, wie über jeden anderen völkerrechtlichen Vertrag auch,[17] so wie sich der deutsche Gesetzgeber auch über völkerrechtliche Verträge hinwegsetzen kann und hinwegsetzt.[18] Seiner Pflichten kann sich Großbritannien also durch eigene Gesetzgebung selektiv entledigen, indem es die damit korrespondierenden Rechte seiner ehemaligen EU-Partner nach Opportunität beschränkt und abwartet, welche völkerrechtlichen Folgen ein solches Präferenzsystem von Fall zu Fall nach Art. 62 WVK hat.

[14] AA Schroeter/Nemeczek, JZ 2017, 713,716.
[15] EuGH v. 23.9.2003 – C-452/01, Rn 29 ff, Ospelt und Schlössle Weissenberg; v. 11.06.2009 – C-521/07, Rn 33, Kommission/Königreich der Niederlande.
[16] EFTA-GH v. 10.12.1998 – Cl. Rep. 95, E-Gr 59, Sveinbjörnsdottir,; v. 30.5.2002 – E-4/01, Karlsson, E-4/01.
[17] Bingham, The Rule of Law, S. 162, 168 (Stichwort: Sovereignty of Parliament); Shaw, International Law, 7. Aufl., S. 108.
[18] BVerfG v.15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141,1 = NJW 2016, 1295 (Stichwort: treaty override).

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