Leitsatz

Trotz bestehender Vorsorgevollmacht konnt die Anordnung einer Betreuung in Betracht, wenn ein Dritter die Bemühungen des Vorsorgebevollmächtigten, für den Vollmachtgeber Sorge zu tragen, durch eigenmächtiges und störendes Verhalten vereitelt. Das Betreuungsgericht hat einen unbeteiligten Dritten zum Betreuer zu ernennen.

LG Meiningen, Beschluss vom 5. März 2018 – 4 T 31/18 und 4 T 32/18

Sachverhalt

Der Betroffene ist in zweiter Ehe mit der Beschwerdeführerin verheiratet. Aus seiner ersten Ehe ist die Beteiligte als einziges Kind des Betroffenen hervorgegangen. Der Betroffene errichtete am 3.11.2014 im Beisein des Diplom-Sozialarbeiters L. vom Überleitungsmanagement der Evangelischen Kliniken G. GmbH als Zeuge eine Vorsorgevollmacht zugunsten seiner Tochter B. S., der Beteiligten. Auf diese Vorsorgevollmacht (Bl. 5 ff dA) wird Bezug genommen. Die Bevollmächtigte wandte sich mit Schreiben vom 2.12.2016, auf welches Bezug genommen wird, an das Amtsgericht G. und teilte mit, dass sie von der jetzigen Ehefrau ihres Vaters bei der Vollmachtsausübung massiv behindert werde und bat um Prüfung der Einsetzung eines Kontrollebetreuers. Hierzu nahm die Betreuungsbehörde der Stadt G. unter dem 15.2.2017 dahingehend Stellung, dass die erteilte Vorsorgevollmacht wirksam und gültig sei, so dass es einer Betreuungsseinrichtung nicht bedürfe. Auf die Stellungnahme wird Bezug genommen. Nachdem sich zunächst Rechtsanwalt P. aus G. für den Betroffenen als Verfahrensbevollmächtigten gemeldet hatte und Verfahrenskostenhilfe für den Betroffenen unter seine Beiordnung bewilligt wurde, zeigte sich unter dem 24.3.2017 Rechtsanwalt D. aus B. als Verfahrensbevollmächtigter des Betroffenen an, worauf hin der Bewilligungsbeschluss unter dem 14.6.2017 durch das Amtsgericht G. geändert wurde. Unter dem 30.8.2017 hat das Amtsgericht G. den Betroffenen in Anwesenheit seiner Ehefrau sowie seines Verfahrensbevollmächtigten und seiner Tochter angehört. Auf den Anhörungsvermerk vom 30.8.2017 wird Bezug genommen. Im Nachgang zu diesem Anhörungstermin vom 30.8.2017 stellte das Amtsgericht G. fest, dass der Betroffene mit seiner Ehefrau bereits seit dem 6.6.2017 in "..., B." gemeldet war. Auf den diesbezüglichen Vermerk des Amtsgerichts G. vom 18.9.2017 wird Bezug genommen. Mit Beschluss vom 28.9.2017 hat das Amtsgericht G. das Betreuungsverfahren an das Amtsgericht E. abgegeben. Dieses hat unter dem 24.10.2017 die Sachverständige Dr. C. K., Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat ihr Gutachten unter dem 17.11.2017 vorgelegt. Auf dieses wird Bezug genommen. Mit Beschluss vom 14.12.2017, auf den Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Betreuung des Betroffenen angeordnet und den Berufsbetreuer J. L. bestellt. Ersatzbetreuer ist der Berufsbetreuer M. M. Die Zustellung dieses Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen erfolgte am 27.12.2017. Unter dem 9.1.2018 legte die Ehefrau des Betroffenen gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass sie das Recht zur Betreuung ihres Manes habe und seit 2015 hierum kämpfe. Sie habe 2015 ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben und unternehme seither alles, um ihren Ehemann "wiederzuholen zu einem vollwertigen Leben". Im Übrigen wird auf den Beschwerdeschriftsatz Bezug genommen. Mit weiterem Schriftsatz vom 12.1.2018 legte der Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 12.2.2018. Zur Begründung der Beschwerde führt der Verfahrensbevollmächtigte aus, dass die Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen nach dem Gutachten der Sachverständigen außer Frage stehe, mit Ausnahme der Regelung des Umgangs des Betreuten jedoch die Ehefrau des Betroffenen zur Betreuerin zu bestellen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 12.2.2018 Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Aus den Gründen

Die Beschwerden sind nach §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft und nach den §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung der Ehefrau des Betroffenen folgt aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Im Wesentlichen ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

I. Nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB ist einem Volljährigen, der aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, durch das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen ein Betreuer zu bestellen. Die Möglichkeit der Bestellung eines Betreuers scheidet nach § 1896 Abs. 2 BGB grundsätzlich für die Aufgabenkreise aus, für die der Betroffene wirksam Vollmachten erteilt hat. Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen (BGH, Beschl. v. 2.8.2017 – XII ZB 502/16 –, juris; BGH, Beschl. v. 19.10.2016 – XII ZB 289/16 = FamRZ 2017, 141 Rn 8 mwN).

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