Eine in diese Grundrichtung gehende Erleichterung hat vor einiger Zeit der BFH mit seiner Entscheidung vom 19.2.2013[17] zugelassen. Das war ein erster Schritt zu einer steuerrechtlichen Verbesserung der Erbfolge nach dem Berliner Testament: Ein als Schlusserbe eingesetztes Kind des "berlinisch" testierenden Ehepaares, das beim Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil nicht verlangt hat, kann nun aufgrund dieses Urteils des BFH nach dem Tod des zweiten Elternteils gegenüber dem Finanzamt erklären, dass es den Pflichtteilsanspruch aus dem ersten Erbfall jetzt ("fiktiv") geltend macht. Das hat dann zur Folge, dass sich der erbschaftsteuerliche Wert des Nachlasses des zuletzt verstorbenen Elternteils um den Betrag dieses Pflichtteils mindert, sodass bei dem jetzt "schlusserbenden" Kind ein entsprechend geringerer Steuerbetrag anfällt. In dem vom BFH entschiedenen Fall war dieser "fiktive" Pflichtteil allerdings geringer als der Freibetrag des Kindes (nota bene: nach dem erstverstorbenen Elternteil!), sodass darauf keine eigene Erbschaftsteuer anfiel. Wenn und soweit der "fiktive" Pflichtteil aber den Freibetrag übersteigt, entsteht für das Kind auch eine "nachzuholende" Erbschaftsteuerpflicht. Das ändert aber nichts an dem Ergebnis, dass durch die "fiktive Nachholung" des Pflichtteils eine Senkung des beim Tod des letztversterbenden Elternteils zu versteuernden Nachlassbetrags um bis zu 400.000,00 EUR (pro Kind) erreicht werden kann.

Zudem fällt die Versteuerung des "nachgeholten" Pflichtteils oft in eine niedrigere Steuerprozentstufe, als wenn er nicht geltend gemacht und daher im Nachlass des letztverstorbenen Elternteils verbleiben und mit ihm zu versteuern sein würde.

[17] AZ II R 47/11, abgedruckt in NJW 2013, 2623.

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