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Nach Aussage der bayerischen Finanzverwaltung vom Oktober 2017 haben sich die Länder darauf verständigt, Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen an deutsche Begünstigte (Destinatäre) nicht nur der Einkommensteuer, sondern auch der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Mangels eines entsprechenden BMF-Schreibens oder eines koordinierten Ländererlasses ist dies weitgehend unbeachtet geblieben. Was wie ein Spezialproblem eines kleinen Kreises von Betroffenen aussieht, kann sich in der Praxis zu größter praktischer Relevanz auch für deutsche Familienstiftungen und deren Begünstigte auswirken. Warum der Standpunkt der Finanzverwaltung nicht überzeugt, soll im Folgenden dargestellt werden.

1. Einkommensteuerliche Behandlung von Zuwendungen

Satzungsmäßige Zuwendungen einer Stiftung an ihre Destinatäre unterliegen in Deutschland der Einkommensteuer. War ursprünglich nicht geklärt, welcher Einkunftsart diese Zuwendungen zuzuordnen sind, handelt es sich nach nunmehr einhelliger Meinung von Finanzverwaltung[1] und Rechtsprechung[2] um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG).[3]

Dies gilt nach dem durch das Jahressteuergesetz 2010 in § 20 Abs. 1 Nr. 9 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) eingeführten Satz 2 auch für Zuwendungen ausländischer Stiftungen.[4]

Damit unterliegen die Zuwendungen in- und ausländischer Stiftungen an deutsche Destinatäre der Abgeltungssteuer[5] iHv 25 % der Einkommensteuer[6] zuzüglich Solidaritätszuschlag[7] und gegebenenfalls Kirchensteuer.

[3] Zumindest soweit die Zuwendungen aus den Erträgen erfolgen, BMF 27.6.2006, BStBl. I 2006, 417.
[4] Hamacher/Dahm in Korn, EStG, § 20 Rn 296 mwH.
[5] Unternehmenssteuerreformgesetz 2006 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912, BStBl. I 2007, 630.

2. Schenkungsteuerliche Behandlung von Zuwendungen

Satzungsmäßige Zuwendungen einer Stiftung an ihre Destinatäre sind nicht erbschaftsteuer- oder schenkungsteuerpflichtig.[8] Wie der Bundesgerichtshof (BGH) zu Recht entschieden hat, handelt es sich bei den Zuwendungen nicht um ein Schenkungsversprechen, selbst wenn die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, da der Rechtsgrund der Zuwendung der Stiftungszweck selbst ist.[9] Für schenkungsteuerliche Zwecke fehlt es an der Freigebigkeit der Zuwendung.[10]

Konsequenterweise erhob die Finanzverwaltung bislang auch keine Schenkungsteuern auf die Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen an deutsche Destinatäre.

[8] So auch Richter in v. Campenhausen/Richter, Stiftungshandbuch, 4. Aufl. 2014, § 41, Rn 81.
[10] Vgl. Schuck in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, BewG, 5. Aufl. 2017, § 7 Rn 159.

3. Neuer Standpunkt der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung beabsichtigt nunmehr bundeseinheitlich, Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen an deutsche Begünstigte zusätzlich zur deutschen Einkommensteuer auch der deutschen Schenkungsteuer zu unterwerfen. Gestützt wird diese Meinung auf eine extensive Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG. Sie vertritt hierzu die Auffassung, unter "Zwischenberechtigten" iSd § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG seien alle Personen zu verstehen, die während des Bestehens ausländischer Vermögensmassen (wozu auch ausländische Stiftungen gehören würden) Zuwendungen erhalten. Unter "Zwischenberechtigten" seien keine Mittelspersonen in einer Kette (zum Beispiel Stiftung – Treuhänder – Berechtigter) zu verstehen, vielmehr sei der Wortbestandteil "Zwischen-" zeitlich iSv "zwischenzeitlich", zu verstehen.

Die Finanzverwaltung fühlt sich in ihrem Standpunkt durch das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 22.4.2015[11] bestätigt, welches über Zuwendungen einer schweizerischen Familienstiftung an in Deutschland ansässige Destinatäre zu entscheiden hatte. Es vertrat die Ansicht, der Begriff der "Vermögensmasse ausländischen Rechts" erfasse als Oberbegriff auch ausländische Stiftungen. Zudem seien die deutschen Destinatäre "Zwischenberechtigte", da der Bundesfinanzhof (BFH) für einen US-Trust entschieden habe, dieser Begriff umfasse alle Personen, die während dessen Bestehen Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhielten. Nichts anderes könne für Zuwendungen aus einer ausländischen Stiftung gelten.[12] Die Auffassung der Finanzverwaltung führt damit zu einer Doppelbesteuerung der Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen an deutsche Destinatäre sowohl mit Einkommensteuer (Abgeltungsteuer) als auch mit Schenkungsteuer. Die Gesamtsteuerbelastung beträgt demnach ca. 78 % der bezogenen Zuwendungen bei einem Schenkungsteuersatz von 50 %, bzw. ca. 58 % bei einem Schenkungsteuersatz von 30 %. Etwaige bei der ausländischen Stiftung erhobene Körperschaftsteuern oder sonstige ausländische Ertragsteuern sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Laufende Zuwendungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre werden durch die Handhabung der Finanzverwaltung unrentabel und damit fak...

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