Mögen Gründe der Rechtssicherheit und der Beratungskompetenz aus Sicht deutscher Rechtsanwälte und Notare zunächst für eine Rechtswahl sprechen, ist damit noch nicht geklärt, ob die Rechtswahl auch ansonsten den Interessen des Erblassers entspricht. Die Rechtssicherheit ist ein hohes Gut, für den letzten Willen der Beteiligten, es ist aber stets auf den "wirklichen Willen" des Erblassers abzustellen. Dies gilt nicht nur für die Auslegung der letztwilligen Verfügung (§ 2084 BGB), sondern auch für ihre Errichtung. Hier gilt ausdrücklich für den Notar, dass er den wirklichen Willen der Beteiligten zu ermitteln und ihnen entsprechende Vorschläge zu machen hat, um diese Ziele zu erreichen. Um die optimale Lösung zu finden, ist es nötig, auch das Erbrecht des anderen Staates zu kennen.[20] Einzig dort, wo der deutsche Berater den Beteiligten das deutsche Recht darlegt und die Wünsche der Beteiligten sich unter Anwendung des deutschen Rechts umfassend und sicher umsetzen lassen, bedarf es wohl keines Rückgriffs auf das ausländische Erbrecht. Bereits dort, wo etwa Pflichtteilsansprüche vermieden werden sollen, ist diese Lösung aber nicht mehr möglich. Die Praxis zeigt, dass sich der Rechtsanwalt oder Notar bei der Errichtung des Testaments den Wünschen der Beteiligten oftmals nur annähern kann, weil etwa das Pflichtteilsrecht oder § 2065 BGB – um nur zwei Beispiele zu nennen – der Gestaltungsfreiheit Grenzen setzt. Dort, wo die optimale Lösung mit dem deutschen Recht zu finden ist, kann und wird der deutsche Berater zur Rechtswahl anraten. Dort, wo die Wünsche der Beteiligten nicht vollständig umgesetzt werden können, muss eine dem Willen der Beteiligten möglichst nahe kommende Lösung gefunden werden, die ohne Kenntnis des anderen Rechts nicht möglich ist. Die Aussage, die Rechtswahl sei aus notarieller Sicht stets zu empfehlen, ist in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht richtig. Die Rechtswahl zugunsten des deutschen Heimatrechts ist damit nicht immer die optimale Lösung.

[20] Darauf, dass oftmals Konvergenzen bestehen, weist Dutta, (aaO), S. 552 hin.

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