Die Berufung der Klägerin, die sich nur auf die Abweisung des Zahlungsantrags und nicht zugleich auf die für sie teilweise nachteilige Entscheidung über den Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten bezieht, bleibt erfolglos. Zwar hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft Vortrag übergangen und aus Sicht der Kammer zugleich einen Gesichtspunkt iSv § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO für unerheblich gehalten. Indes hat die Klägerin trotz der Hinweise vom 15.11.2016 (Bl 98 ff GA) weder ihren erstinstanzlichen Vortrag konkretisiert noch die maßgeblichen Tatsachen unter Beweis gestellt, weshalb sich die Entscheidung des Amtsgerichts als im Ergebnis zutreffend erweist.

Entscheidend ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines "Schmerzensgeldes" allein unter den engen Voraussetzungen einer Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bejahen sein könnte. Ein solcher Anspruch besteht nicht bereits wegen der verzögerten Auskunft bzw. unterlassenen Mitteilung über die (vorgenommene bzw. bevorstehende) Ausgrabung, hierzu II.4.d). Von einer haftungsbegründenden Persönlichkeitsverletzung ist auch nicht schon deshalb auszugehen, weil ein Wille des Verstorbenen zur Störung seiner Totenruhe von der Beklagten nicht plausibel dargelegt worden ist, vgl. II.4.b) der Urteilsgründe. Vielmehr wäre der geltend gemachte Zahlungsanspruch nach der unter II.4.c) erläuterten Auffassung der Kammer lediglich dann zu bejahen, wenn es zusätzlich an einem anerkennenswerten Interesse der Beklagten, den ursprünglich gewählten Trauerort zu beseitigen, gefehlt haben sollte, also ein Handeln aus sachwidrigen Gründen festzustellen wäre. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer solchen Haftung hat die Klägerin indes weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Im Einzelnen:

1. Nach ständiger Rechtsprechung begründet nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung. Erforderlich ist vielmehr, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2016 – VI ZR 496/15, juris). Diese Rechtsprechung ist – obwohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht in § 253 Abs. 2 BGB nicht genannt wird – verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, NJW 1973, 1221 ff). Denn die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. BGH, NJW 2005, 58, 59). Richtschnur ist daher die Frage, ob der aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG folgende Schutzauftrag im Einzelfall die Zubilligung einer Geldentschädigung gebietet.

2. Das von der Klägerin ebenfalls geltend gemachte Totenfürsorgerecht ist demgegenüber an erster Stelle eine Ausprägung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes des Verstorbenen, dessen Wille über die Totenfürsorgeberechtigung entscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.1992 – XII ZR 58/91, juris). Dementsprechend dient auch § 168 StGB insbesondere dem postmortalen Persönlichkeitsschutz des Verstorbenen (vgl. BGH NStZ 2016, 92, 93). Der Totenfürsorgeberechtigte nimmt die Rechte des Verstorbenen gleichsam treuhänderisch wahr (vgl. BGH, NJW 2014, 3786, 3788).

a) Folgt man dem vorgenannten Verständnis, ist eine Verletzung des Totenfürsorgerechts für sich genommen ungeeignet, einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung zu begründen. Denn dem Wahrnehmungsberechtigten stehen bei postmortalen Verletzungen (der ideellen Bestandteile) des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich nur Abwehransprüche, nicht aber Schadensersatzansprüche zu (vgl. BGH NJW 2005, 605, 606 f). Der deliktische Schutz des Totenfürsorgerechts (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2001, 2808) besagt nichts anderes, zumal dieses Recht in § 253 Abs. 2 BGB nicht erwähnt wird.

b) Es ist allerdings durchaus zweifelhaft, ob das Totenfürsorgerecht ausschließlich in dem vorgenannten treuhänderischen Sinn zu verstehen ist. Möglicherweise sind Beeinträchtigungen dieses Rechts (auch) als Eingriff in ein originär eigenes Recht des betroffenen Angehörigen zu werten (vgl. [zu Art. 8 Abs. 1 EMRK] EGMR, NVwZ 2015, 351, 352; Stelkens/Wabnitz, GewArch Beilage WiVerw Nr. 01/2016, 11, 12 f). Denn gerade die gewohnheitsrechtliche Bestimmung der Totenfür sorgeberechtigung zielt auf eheliche oder verwandtschaftliche Bindungen ab, die sich durch eine besondere Vertrautheit auszeichnen. Die zur Totenfürsorge berufene Person wird sich deshalb regelmäßig nicht allein als Treuhänder verstehen, sondern zugleich ein eigenes Recht auf ungestörte Trauer wahrnehmen wollen. Daher liegt es durchaus nahe, das Totenfürsorgerecht (auch) als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des (primär) Totenfürsorgeberechtigten zu werten (so möglicherweise KG, Urt. v. 5.4.2016 – 9 U 41/15, juris; AG Rinteln, Urt. v. 23.12.2015 – 2 ...

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