Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise, insbesondere nach Maßgabe der §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 2 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat auch in der Sache selbst Erfolg.

1. Ergibt sich, dass ein erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis unrichtig ist, so hat das Nachlassgericht dieses gemäß den §§ 2368 Abs. 2, 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen. Dabei können auch Verfahrensfehler die Unrichtigkeit begründen und die Einziehung gebieten; wegen der weitreichenden Folgen der Einziehung muss dies aber auf schwerwiegende Fälle beschränkt bleiben (MüKo/Mayer, BGB, 6. Aufl. 2013, § 2361 Rn 8). In diesem Zusammenhang entspricht es herrschender, auch vom Nachlassgericht zugrunde gelegter Auffassung, dass ein derartiger schwerwiegender Fehler auch dann vorliegt, wenn das Testamentsvollstreckerzeugnis von einem örtlich unzuständigen Gericht erteilt worden ist (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M. FamRZ 2002, 112; KG NJW-RR 2012, 459; Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2361 Rn 3; Staudinger/Herzog, BGB, Neubarb. § 2361 Rn mwN). Diese Grundsätze erlauben die Einziehung des erteilten Testamentsvollstreckerzeugnies im vorliegenden Fall allerdings nicht.

a) Der Senat hat schon Zweifel, ob die dargelegte Auffassung überhaupt (noch) der Rechtslage entspricht. Hiergegen spricht bereits die dem früheren § 7 FGG entsprechende Regelung in § 2 Abs. 3 FamFG, wonach gerichtliche Handlungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht schon deswegen unwirksam sind, weil sie von einem örtlich unzuständigen Gericht vorgenommen worden sind. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits unter Geltung des FGG in einem obiter dictum darauf hingewiesen, dass die dargestellte Auffassung jedenfalls dann zweifelhaft erscheint, wenn die örtliche Unzuständigkeit sich nicht aus einer eindeutigen Vorschrift ergibt (BGH Rpfleger 1976, 174; zustimmend MüKo/Mayer, BGB, 6. Aufl. 2013, § 2361 Rn 14). Weitere Zweifel an der hergebrachten Auffassung ergeben sich nach Inkrafttreten des FamFG aber auch aus § 65 Abs. 4 FamFG, wonach eine Beschwerde in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Wenn diese Regelung, die angesichts ihres eindeutigen Wortlautes auch für Beschwerden in Erbscheinsachen und für Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses gilt, die Frage der örtlichen Zuständigkeit schon einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzieht, erschließt sich nicht, weshalb ein inhaltlich richtiger Erbschein oder ein inhaltlich richtiges Testamentsvollstreckerzeugnis nur deshalb nachträglich eingezogen werden sollte, weil es an eben dieser Zuständigkeit fehlte.

b) Letztlich kann diese Frage aber im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, weil das Amtsgericht Siegburg für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 15.9.2010 ohnehin zuständig war.

aa) Da der vom Beteiligten zu 3. gestellte Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses am 27.8.2010, und damit nach Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2008 gestellt worden ist, richtete sich die örtliche Zuständigkeit insoweit – anders als in Bezug auf das parallele Erbscheinverfahren 46 VI 136/08 – gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG nach der Regelung des § 343 Abs. 1 FamFG. Maßgeblich war danach der Wohnsitz, den die Erblasserin zur Zeit des Erbfalls hatte. Dieser Wohnsitz befand sich, jedenfalls soweit es hierauf für die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts ankam, im Bezirk des Amtsgerichts Siegburg.

bb) Der Wohnsitz ist der räumliche Mittelpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person; eine An- oder Abmeldung bei der Meldebehörde begründet für sich allein noch keinen Wohnsitz; sie kann hierfür allenfalls ein Indiz darstellen (BGH NJW-RR 1990, 506, 507; Palandt/Ellenberger, BGB, 74 Aufl. 2015, § 7 Rn 7). Hat der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt zuletzt in ein Pflegeheim verlegt, bildet dieses den maßgeblichen letzten Wohnsitz des Erblassers, sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sein Gesundheitszustand eine nur auf begrenzte Dauer angelegte medizinische und pflegerische Betreuung erfordert hat und nichts dafür spricht, dass eine Rückkehr des Erblassers in die zuletzt von ihm bewohnte, an einem anderen Ort befindliche Wohnung in Betracht zu ziehen war (vgl. etwa OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 27; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 343 Rn 41). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Frage der Zuständigkeit ist damit nicht, ob die Erblasserin wenige Tage vor ihrem Tode wirksam einen Wohnsitz im Hause des Beteiligten zu 3. begründet hat; vielmehr kommt es darauf an, ob ein solcher Wohnsitzwechsel bereits durch den Umzug in das ebenfalls im Bezirk des Amtsgerichts Siegburg befindliche Seniorenheim in Troisdorf erfolgt ist. Bei der Aufhebung und Begründung eines Wohnsitzes handelt es sich um geschäftsähnliche Handlungen, die das Vorhandensein eines entsprechen...

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