Das neue Bewertungsmodell erfüllt das Tauglichkeitskriterium[28] der Aktualität, denn die Bewertung basiert auf den jeweils aktuellen Lebenswahrscheinlichkeiten aus der Anlage zu § 14 BewG sowie den weiterentwickelten aktuellen Statistiken des statistischen Bundesamtes. Da diese Statistiken alle zwei Jahre erneut erhoben und ausgewertet werden, können jeweils immer die aktuellsten Erhebungen dem Lösungsansatz zugrunde gelegt werden. Eine erforderliche regelmäßige Überarbeitung des beispielhaft an der Statistik von 2011 gezeigten Lösungsansatzes ist daher unproblematisch möglich und führt zu einer steten Aktualität.

Das neue Bewertungsmodell erfüllt das Kriterium der Angemessenheit, denn das Modell wird den tatsächlichen Gegebenheiten am ehesten gerecht. Wertaufhellend werden die tatsächlichen Bedarfsgrade berücksichtigt, aber auch das Risikomoment über die typische Lebenserwartung nicht vernachlässigt. Imponderabilien, wie die Lebensdauer, wirken sich auch im Rahmen dieses Bewertungsmodells schicksalsspielend aus. Damit werden die Interessen der möglicherweise streitenden Parteien, wie beispielsweise die des Erben und des Pflichttteilsergänzungsberechtigten, angemessen berücksichtigt. Über die ersparten Aufwendungen für eine externe Heimbetreuung als Ersatzwertgröße ist ein Bezugspunkt gefunden, der zum einen die Realität spiegelt und zum anderen auch "schadensmindernd" die günstigste Ersatzgröße repräsentiert. Damit gewinnt die Bewertung an Objektivität. Über die Abkehr von der Betrachtung der individuellen Verhältnisse erfolgt auch eine Entpersonalisierung, die sich streitreduzierend auswirken kann. Das erspart auch nachträgliche Diskussionen über die Wertigkeit der Ausführung der Pflege, was häufig sehr verletzend für die Pflegeperson ist, die statt Dank nur geringschätzende Häme bekommt. Es geht nicht mehr um eine persönliche und zumeist verletzende Be- oder Abwertung der geleisteten individuellen Pflege im Detail, sondern der Blick geht auf die damit ersparten Ersatzaufwendungen. Der Lösungsansatz bezieht sich nämlich nicht auf die individuell erbrachte Pflegeleistung, sondern zum Zwecke der Objektivierung auf deren Kehrseite. Das heißt, die Pflegeleistung im jeweils konkreten Fall war objektiv notwendig gewesen, um anderweitige externe stationäre Kosten zu vermeiden.

Auch die Risikoabbildung wird als nächstes Tauglichkeitskriterium voll erfüllt. Zum einen über die typische Lebenserwartung aus der Tabelle zu § 14 BewG und beim Jahreswert zum reinen Risiko. Hier bietet das Modell eine wirklich brauchbare, auf aktuellen Statistiken beruhende Darstellung des reinen Risikos, überhaupt einen Bedarfsgrad zu Lebzeiten zu erfüllen. Die Möglichkeit, das reine Risiko abzubilden, stellt einen besonderen Vorteil des neuen Bewertungsmodells dar.

Bei der Differenzierung wird das Tauglichkeitsmerkmal in allen Untermerkmalen voll erfüllt.

So werden die Altersstufen über die Tabelle des BMF zu § 14 BewG abgebildet als auch über die Jahreskorridore der Basisstatistiken. Auch wird zwischen männlich und weiblich differenziert.

Bei den Bedarfsgraden ist es gelungen, auch für die niederschwelligen Wart- und Pflegeleistungen in Form der Hilfsbedürftigkeit eine objektivierte und statistikgestützte Bewertung zu finden.

Wie die Verifizierung gezeigt hat, können alle denkbaren Fallkonstellationen in Übergabeverträgen bewertet werden, und auch außerhalb von Übergabeverträgen kann das Bewertungsmodell zur Bewertung herangezogen werden.

Die Regionalität ist über die Ersparnisbeträge aufgegliedert auch nach Bundesländern berücksichtigt.

Das neue differenzierte Bewertungsmodell weist über die Verwendung von lediglich drei Tabellen für die Bewertung und die nachvollziehbaren Rechenschritte einen hohen Grad an Standardisierung auf. Für die Bewertung sind keine besonderen Qualifikationsanforderungen an den Anwender gestellt. Die Bewertung ist daher einfach handhabbar und erfüllt das Kriterium der Praktikabilität. Das Bewertungsmodell ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Bewertet wird nicht nach der tatsächlichen Leistung, sondern pauschal nach der ersparten Zuzahlung aus dem Erblasservermögen, wenn keiner bereit wäre, die Wart- und Pflege im häuslichen Umfeld zu erbringen. Die Beträge werden pauschal angesetzt, ohne dass weitere Nachweise erforderlich sind. Die Bewertungsschritte und Berechnungen sind nachvollziehbar.

Damit erfüllt das neue Bewertungsmodell auch das letzte Tauglichkeitskriterium der Transparenz. Das Anforderungsprofil für eine tragfähige Bewertungsmethode von Wart- und Pflegeleistungen ist damit erfüllt.

[28] Kreienberg, Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen in Übergabeverträgen, Kap. D. I., im Rahmen der Dissertation wurden diverse Gütekriterien für eine taugliche Bewertungsmethode ermittelt.

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