Nach bisher geltendem Recht existiert zur Feststellung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft kein gesondertes "Anerkennungsverfahren". Vielmehr wird über die Anerkennung als gemeinnützig "nur" und "erst" im Rahmen des Veranlagungs- und Festsetzungsverfahrens für die jeweilige Steuerart und den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Steuerbescheid rechtsverbindlich entschieden.[7] Ob einer nach deutschem Recht (vermeintlich) gemeinnützigen Körperschaft durch ihre Tätigkeit steuerfreie oder steuerpflichtige Einkünfte entstehen, lässt sich somit immer erst nach der Aufnahme der jeweiligen Tätigkeit zum Zeitpunkt des Zugangs des Steuerbescheides rechtssicher bestimmen.[8]

Eine Ausnahme hierzu eröffnet § 89 AO, über das Rechtsinstitut der verbindlichen Auskunft. Nach Abs. 2 der Vorschrift können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre es der griechischen Stiftung grundsätzlich zu empfehlen, einen entsprechenden Antrag zur Feststellung der Gemeinnützigkeit und damit zur Beantwortung der Frage nach der Steuerfreiheit der Vermietungseinkünfte aus dem Fonds zu stellen. Ein solcher Antrag würde allerdings wahrscheinlich zurückgewiesen werden.

Bei Anfragen neu gegründeter Körperschaften entspricht es der Verwaltungspraxis, allenfalls vorläufige Bescheinigungen über das Vorliegen der aus den §§ 59 ff AO resultierenden satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit zu erteilen.[9] Ob auch die tatsächliche Geschäftsführung den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht, wird hingegen erst im Veranlagungsverfahren entschieden, sodass die Körperschaft aus der vorläufigen Bescheinigung noch keinen rechtssicheren Anspruch auf eine spätere Steuerfreistellung herleiten kann.[10] Überhaupt kann die vorläufige Bescheinigung aufgrund ihres unverbindlichen Charakters nur bedingt zur Rechtssicherheit im Gemeinnützigkeitsrecht beitragen, wird sie von den rechtpraktizierenden Institutionen, konkret: der Rechtsprechung[11] und Finanzverwaltung[12], doch nur als nicht bindende, frei widerrufliche Rechtsauskunft verstanden.[13]

Dies ist kritikwürdig, weil es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte, dass der Steuerpflichtige einen Anspruch auf einen rechtsmittelfähigen Bescheid erhält.[14] Die eigentliche Bedeutung der vorläufigen Bescheinigung liegt in der Befugnis, Zuwendungsbescheinigungen gemäß § 50 EStDV an Spender stellen zu dürfen. Im Falle einer ausländischen Körperschaft, die vor Aufnahme eines Inlandsengagements Rechtssicherheit verlangt und deshalb eine verbindliche Rechtsauskunft über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und damit über die Steuerfreiheit etwaiger inländischer Einkünfte benötigt, wird dieses Problem aber virulent; schließlich wird ihr eine nahezu finale Entscheidung über ein u. U. – wie im Ausgangsfall – langfristiges Engagement abverlangt, ohne dass sie sich der Steuerfreiheit etwaiger Einkünfte aus diesem Engagement sicher sein kann. Im Unterschied zu einer neu gegründeten Körperschaft existiert eine ausländische meist schon seit längerer Zeit, sodass Fragen der tatsächlichen Geschäftsführung bereits durch die Finanzverwaltung auch konkret überprüfbar sind. Insofern bestehen – zumindest bei ausländischen Körperschaften – keine plausiblen Gründe gegen eine vorgezogene, umfassende und vor allem verbindliche Prüfung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Konformität von Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung, mithin gegen die Prüfung aller Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit im Rahmen einer verbindlichen Auskunft auf der Grundlage von § 89 AO. Weshalb sich eine ausländische Körperschaft und damit auch die griechische Stiftung zur Feststellung ihrer Gemeinnützigkeit auf eine im rechtsfreien Raum schwebende vorläufige Bescheinigung verweisen lassen muss, widerspricht vor diesem Hintergrund denklogischen Erwägungen.

[7] Vgl. ausf. zum bisherigen "Anerkennungsverfahren" Pöllath/Richter, in: Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43 Rn 106 ff.
[8] Vgl. auch Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 7 Rn 1 ff.
[9] Vgl. Nr. 4 AEAO zu § 59.
[10] Vgl. Nr. 5 AEAO zu § 59; vgl. hierzu auch BFH, Bschl. v. 23.9.1998, BStBl II 2002, 320.
[11] Vgl. st. Rechtsprechung seit BFH, Urt. v. 11.9.1956, BStBl III 1956, 309.
[12] Vgl. Nr. 4 AEAO zu § 59.
[13] AA statt vieler Pöllath/Richter, in: Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43 Rn 106 (Fn 481) mwN.
[14] Vgl. auch Schauhoff, npoR 2012, 190 (191).

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