Die wechselseitig erhobenen Berufungen haben keinen Erfolg.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die Kammer war befugt und gehalten, über die Berufung des Klägers durch Sachurteil zu entscheiden.

Die von den Beklagten im Umfang der klägerischen Berufung beantragte Aussetzung war gemäß § 148 ZPO nicht geboten, da dafür die Vorgreiflichkeit eines anderen Rechtsstreits erforderlich gewesen wäre (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 148 Rn 5). Daran fehlt es. Denn zum einen ergibt sich die von den Beklagten in Zweifel gezogene Beschlussfassung für den Ausspruch der Kündigungen und die Erhebung der Räumungs- und Herausgabeklage hier bereits prima facie schlüssig aus den Gesamtumständen; zum anderen kommt es auf diese, wegen der sich aus den nachstehenden Ausführungen ergebenden materiellen Unwirksamkeit der Kündigungen für die von der Kammer zu treffende Entscheidung, ohnehin nicht an. Die in einem weiteren Rechtsstreit betriebene Teilerbauseinandersetzung betrifft damit kein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen für den hiesigen Rechtsstreit präjudiziell wäre.

Das Amtsgericht hat die erhobene Räumungs- und Herausgabeklage zutreffend abgewiesen.

Der – auch weiterhin ungeteilten – Erbengemeinschaft steht der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch gemäß den §§ 985, 546 Abs. 1 BGB nicht zu, da das mit den Beklagten im Jahre 2007 begründete Mietverhältnis über die streitgegenständliche und 68 qm große 3-Zimmer-Wohnung ungekündigt fortbesteht. Die von dem Kläger ausgesprochenen Kündigungen sind sämtlich unwirksam. Dagegen vermag seine Berufung nichts zu erinnern.

Es konnte dahinstehen, ob den ausgesprochenen Kündigungen bereits gemäß § 2040 Abs. 1 BGB der Erfolg versagt war, weil es sich dabei um eine Verfügung über den Nachlassgegenstand handelte, über die die Erben nur gemeinschaftlich hätten verfügen können, sodass bereits die fehlende Zustimmung der Beklagten zu 1) der Wirksamkeit der Kündigungen entgegengestanden hätte (vgl. Gergen, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 2038 Rn 29, 53; § 2040 Rn 5, jeweils mwN). Denn selbst wenn es den Erben entgegen § 2040 Abs. 1 BGB möglich wäre, ein (Wohnraum-)Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache mit Stimmenmehrheit zu kündigen, müsste sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2009 – XII ZR 210/05, NJW 2010, 765 Tz 26; Urt. v. 3.12.2014 – IV ZA 22/14, FamRZ 2015, 497 Tz 2). Daran fehlt es hier.

Zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten. Die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme ist aus objektiver Sicht zu beurteilen. Entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2009 – XII ZR 210/05, NJW 2010, 765 Tz 32). Gemessen daran war der Ausspruch der Kündigungen weder vernünftig noch im wirtschaftlichen Interesse des Nachlasses:

Die vom Kläger und der – an diesem Rechtsstreit nicht beteiligten – gemeinsamen Schwester der Parteien geübte Nachlassverwaltung hat zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt, dass die zur Beendigung des Mietverhältnisses getroffenen Maßnahmen nicht geeignet waren, eine für die Anwendung des § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB erforderliche hinreichend verlässliche und nachhaltige Sicherung oder gar Vermehrung des Nachlasses herbeizuführen. Denn für den Fall der Räumung und Herausgabe der ihrer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage allenfalls durchschnittlich attraktiven Mietsache ist nicht nur eine Anschlussvermietung zu einer höheren als der bislang entrichteten Miete vollkommen ungewiss. Es bestehen darüber hinaus sogar berechtigte Zweifel, ob es überhaupt möglich sein wird, die Mietsache umgehend und dauerhaft weiter zu vermieten, da das streitgegenständliche Grundstück nicht nur Gegenstand einer zwischen den Parteien – mittlerweile seit Jahren – streitig geführten Erbauseinandersetzung, sondern die Beklagte zu 1) zudem Begünstigte einer das nämliche Grundstück betreffenden Teilungsanordnung nach § 2048 BGB, wenn nicht sogar eines Vorvermächtnisses nach § 2050 BGB, ist. Dass ein Dritter in Kenntnis dieser Gesamtumstände die von den Beklagten innegehaltenen Räume dauerhaft anmieten würde – und noch dazu in einer den bisherigen Mietzins übersteigenden Höhe – war und ist nach allgemeiner Lebenserfahrung unwahrscheinlich, jedenfalls aber derart ungewiss, dass im Fall der kündigungsbedingten Beendigung des Mietverhältnisses nicht nur eine Weitervermietung zu ungünstigeren wirtschaftlichen Bedingungen, sondern sogar der vollständige Ausfall weiterer Mietzahlungen aufgrund unterbleibender Anschlussvermietung zu besorgen ist. Das hat das Amtsgericht zutreffend erkannt.

Eine dem Kläger günstigere Beurteilung wäre nur in Betracht gekommen, wenn der geltend gemachte Kündigungsrückstand zum Zeitpunkt des jeweiligen Kündigungsausspruchs aus vernünftiger und ...

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