II. Die weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung nach § 81 Abs. 4 S. 1 GNotKG zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Erinnerung der Beteiligten zu 1) gegen den der Kostenberechnung vom 11.12.2019 zugrunde liegenden Kostenansatz vom 10.12.2019 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung des Landgerichts, nach der für die Dauerbetreuung im Jahre 2019 keine Gebühr nach KV Nr.11100 GNotKG und keine Gebühr nach KV Nr.31005 anzusetzen sind, beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 81 Abs. 4 S. 2 GNotKG).

Gebühren für Betreuungssachen können nach KV Vorbemerkung 1.1 GNotKG nur dann von dem Betreuten erhoben werden, wenn dessen Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 EUR beträgt, wobei der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannte Vermögenswert nicht mitgerechnet wird. Diese Regelung entspricht der Regelung in § 92 Abs. 1 S. 1 KostO, die bis zum 31.7.2013 Geltung hatte. Vermögen im Sinne der KV Vorbemerkung 1.1 GNotKG ist das "reine Vermögen" des Betreuten nach Abzug der Verbindlichkeiten und unter Nichtberücksichtigung eines angemessenen Hausgrundstücks im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.

Das Landgericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Beteiligten zu 1) nach Abzug von Verbindlichkeiten kein 25.000 EUR übersteigendes Vermögen zusteht und der Ansatz von Gebühren nach Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 des KV zum GNotKG daher nicht in Betracht kommt. Dabei hat das Landgericht das der Beteiligten zu 1) als Vorerbin zugefallene Vermögen in Höhe von 71.818,34 EUR nicht berücksichtigt, da dieses Vermögen nicht der vom Betreuungsgericht zu kontrollierenden Verwaltung des Betreuers unterliege, sondern derjenigen des Testamentsvollstreckers (ebenso: OLG München, MDR 2019, 353; OLG Köln, FGPrax 2019, 235; OLG Bamberg, FamRZ 2020, 947).

Der Senat hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 18.8.2015 (FGPrax 2015, 278) ausgeführt, dass auch der als nicht befreiter Vorerbe eingesetzte Erbe Inhaber des ererbten Vermögens ist. An der Berücksichtigung des ererbten Vermögens im Rahmen des Ansatzes der Jahresgebühr für die Betreuung ändere auch die Tatsache nichts, dass das ihm angefallene Vermögen einer Testamentsvollstreckung unterliegt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat ebenso wie weitere Oberlandesgerichte fest (OLG Celle, FamRZ 2020, 949; OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.4.2020, 8 W 434/19).

In seinem oben angeführten Beschluss vom 18.8.2015 hat der Senat das Folgende ausgeführt:

"Die Bestimmungen des GNotKG stellen wie die von ihnen abgelöste Bestimmung des § 92 KostO a.F. allein darauf ab, dass der Betreute Inhaber des Vermögens ist. Auf die Verfügbarkeit des Vermögens bzw. eine insoweit bestehende Einschränkung durch eine nicht befreite Vorerbschaft und / oder eine vom Erblasser bezüglich des ererbten Vermögens angeordnete Testamentsvollstreckung kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmungen gerade nicht an (Korintenberg-Fackelmann, GNotKG, 19. Auflage, Vorbemerkung 1.1 Rn 12+15; die zu § 92 KostO ergangene Rechtsprechung: BayObLG Rechtspfleger 1997, 451; Senat Rechtspfleger 1998, 541; LG Koblenz ZEV 2005, 529; OLG Köln, Beschluss vom 14.9.2009 – 2 Wx 66/09). Dass der Gesetzgeber den von ihm in der KostO und im GNotKG verwendeten Begriff des Vermögens auch nicht sozialhilferechtlich aufweichen wollte, wird dadurch verdeutlicht, dass als einzige Ausnahme bei der Bestimmung des Vermögens die Berücksichtigung eines Hausgrundstücks im Sinne des § 90 Abs. 2 Ziffer 8 SGB 12 angeführt ist und ein allgemeiner Verweis auf die sozialhilferechtlichen Vorschriften gerade unterbleibt (Senat, a.a.O.;" Korintenberg-Fackelmann, a.a.O. Rn 15). In der eingeschränkten Verweisung unterscheiden sich § 92 KostO und die Bestimmungen des GNotKG auch gerade von der umfassend auf § 90 SGB XII verweisenden Bestimmung des § 1836c Nr. 2 BGB. Die von der Beteiligten zu 1) zur Stützung ihrer Rechtsansicht angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sog. "Behindertentestament" ist daher auf die Frage, inwieweit Gerichtskosten nach dem GNotKG angesetzt werden können, nicht übertragbar.

Das einfach gehaltene Kostenrecht würde auch überfrachtet, wenn der Kostenbeamte nicht allein auf das Vorhandensein von Vermögenswerten abzustellen hätte, sondern darüber hinaus auch noch – eine im Einzelfall rechtlich komplizierte – Prüfung vornehmen müsste, inwieweit der Gebührenschuldner über das ihm zustehende Vermögen auch noch verfügen kann. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beteiligte zu 1) einen Anspruch darauf hat, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ihr die Geldbeträge zur Deckung der Gerichtsgebühr zur Verfügung stellt. Sachlich kann darüber nur im Rahmen einer Auslegung des Testaments des Erblassers entschieden werden, die ggf. nur nach eingehender Beweisaufnahme, hier u.U. Zeugenvernehmung des Urkundsnotars, erfolgen kann. Im Kostenansatzverfahren kann eine solche Entscheidung nicht getroffen werden. Der Justizkasse steht es frei...

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