Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung aus dem Dezember 2014 ausdrücklich bestätigt, dass umfassende erbschaftsteuerrechtliche Verschonungen, selbst die Vollverschonung, durchaus mit dem Grundgesetz vereinbar sein können.[3] Gleichzeitig hat es diese Aussage jedoch hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs auf kleine und mittlere Unternehmen eingeschränkt. Im Hinblick auf sog. Großunternehmen hielt das Gericht die pauschale Gewährung derselben Verschonungen jedoch für mit der Verfassung unvereinbar und forderte insoweit eine "Bedürfnisprüfung". Denn der Schutz bzw. Erhalt der übertragungsgegenständlichen Unternehmen erfordere ab einer bestimmten Größenordnung vielfach keine umfassenden Verschonungen. Vor diesem Hintergrund sei in diesen Fällen grundsätzlich zu prüfen, ob bzw. in welchem Umfang eine Steuerverschonung tatsächlich erforderlich sei.[4]

Vor diesem Hintergrund war der Gesetzgeber aufgefordert, eine entsprechende Bedürfnisprüfung in das Gesetz aufzunehmen und "präzise und handhabbare Kriterien für die Bestimmung" der Grenze, ab der diese greifen soll, festzulegen.[5] Zur betragsmäßigen Bestimmung äußerte sich das BVerfG nicht konkret. Es stellte die Möglichkeit in den Raum, sich für die Definition kleiner und mittlerer (also grundsätzlich zu begünstigender) Unternehmen an Empfehlungen der EU-Kommission[6] zu orientieren; eine entsprechende Vorgabe machten die Richter aber nicht. Vielmehr hielten sie auch die gesetzliche Definition einer Obergrenze, jenseits derer eine Steuerbegünstigung ausgeschlossen werde, für ein angemessenes Instrument zur verfassungskonformen Begrenzung der steuerlichen Begünstigungen.

Die Richter schlossen auch Begünstigungen für – wie auch immer zu definierende – Großerwerbe nicht grundsätzlich aus. Allerdings sei dann im Rahmen der Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit der jeweiligen Erwerber auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang durch die Erbschaft oder Schenkung nicht begünstigtes Vermögen erworben werde, mit dessen Hilfe eine etwaige Steuerbelastung bedient werden könne. Des weiteren sei unter Umständen auch eigenes Vermögen des Erwerbers (das dieser auf andere Weise erworben habe) mit in die Prüfung einzubeziehen.[7]

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