Aufgrund des eingangs geschilderten Paradigmenwechsels ist auf der Ebene der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen neben dem Wert des begünstigten Vermögens in nahezu allen Fällen der Wert des nicht begünstigten Vermögens festzustellen. Lediglich, wenn weder junges Verwaltungsvermögen, noch junge Finanzmittel vorhanden sind und das Verwaltungsvermögen den Kulanzpuffer des § 13 b Abs. 7 ErbStG nicht übersteigt, kann das nicht begünstigte Vermögen vernachlässigt werden. Dies dürfte in der Praxis nur selten vorkommen.

Die Ermittlung und Besteuerung des begünstigten und nicht begünstigten Vermögens sei anhand des Beispielfalls 2 (Bemessungsgrundlagen) verdeutlicht.

GmbH & Co. KG gewerblich tätig

 
Unternehmenswert 20 Mio. EUR
Schulden 10 Mio. EUR
Verwaltungsvermögen 8 Mio. EUR
Finanzmittel 3 Mio. EUR

Zur Vereinfachung wird unterstellt, dass weder Altersversorgungsverpflichtungen, noch junges Verwaltungsvermögen, noch junge Finanzmittel am Stichtag dem 7.7.2016 vorhanden waren. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge geht ein Kommanditanteil in Höhe von 50 % vom Vater an die Tochter über, die sonst über kein Vermögen verfügt.

Steuerbelastung?

Berechnung nach meinem Verständnis des Gesetzestextes

1) Einstiegstest (90 %-Hürde ,§ 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG)

 
11 x 100 = 55 %
20

2) Nettowert des Verwaltungsvermögens

a) Saldierung Finanzmittel, § 13 b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG

 
Finanzmittel 3 Mio. EUR
./. Schulden 10 Mio. EUR
./. 15 % Unternehmenswert 3 Mio. EUR
Verbleibende Schulden 10 Mio. EUR

b) Saldierung, § 13 b Abs. 6 ErbStG

aa) Quote, § 13 b Abs. 6 ErbStG

 
8 x 100 = 26,66 %
20 + 10

bb) Abzugsbetrag

10 Mio. EUR x 26,66 % = 2.666.666 EUR

cc) Nettowert VV

 
Gemeiner Wert VV 8.000.000 EUR
./. Abzugsbetrag 2.666.666 EUR
Nettowert VV 5.333.334 EUR

3) Berechnung des begünstigten Vermögens

 
Begünstigungsfähiges Vermögen 20.000.000 EUR
./. Nettowert VV 5.333.334 EUR
(Bemessungsgrundlage für 10 % Kulanzpuffer) 14.666.666 EUR
+ § 13 b Abs. 7 ErbStG 10 % 1.466.666 EUR
Begünstigtes Vermögen 16.133.332 EUR

4) Übertragung

 
50 % = Wert 10.000.000 EUR
./. 50 % von 16.133.332 8.066.666 EUR
Nicht begünstigt 1.933.334 EUR

5) Verschonung

Regelverschonung, Optionsverschonung ist nicht möglich, da die VV-Quote 55 % beträgt und damit die Voraussetzungen nach § 13 a Abs. 10 ErbStG (20 %) überschritten sind. Nach bisherigen Recht wäre die Regelverschonung gleichwohl gewährt worden, da vor Ermittlungen der Quote die Saldierung nach § 13 b Abs. 2 Nr. 4 a ErbStG aF mit der Folge vorzunehmen war, dass die Quote nach § 13 b Abs. 2 S. 1 ErbStG aF unter 50 % gelegen hätte.

a) Besteuerung ohne § 13 a Abs. 9 ErbStG

 
  8.066.666 EUR
./. 85 % 6.856.666 EUR
  1.210.000 EUR
+ nicht begünstigtes Vermögen 1.933.334 EUR
  3.143.334 EUR
./. Persönlicher Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 400.000 EUR
  2.743.334 EUR
Abrundung § 10 Abs. 1 S. 6 ErbStG 2.743.300 EUR
Steuer 19 % 521.227 EUR

b) Besteuerung mit § 13 a Abs. 9 ErbStG in voller Höhe

 
Begünstigt 8.066.666 EUR
./. 30 % 2.419.999 EUR
  5.646.667 EUR
./. 85 % 4.799.666 EUR
  847.001 EUR
+ nicht begünstigtes Vermögen 1.933.334 EUR
  2.780.335 EUR
./. Freibetrag 400.000 EUR
  2.380.335 EUR
Abrundung 2.380.300 EUR
Steuer 19 % 452.257 EUR

6) Steuerbelastung bisher

 
  10.000.000 EUR
./. 85 % 8.500.000 EUR
  1.500.000 EUR
./. Freibetrag 400.000 EUR
  1.100.000 EUR
Steuer 19 % 209.000 EUR

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