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Die Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge führt in der Praxis im Immobilienbereich wegen des auch bei der Anordnung von Befreiungen einzutragenden Nacherbenvermerks (§ 51 GBO) häufig zu Problemen, so z. B. bei der Beleihung und der Eintragung von Grundpfandrechten. Der Erblasser kann den Vorerben zwar nach § 2136 BGB von gewissen Beschränkungen und Verpflichtungen befreien. Diese Möglichkeit unterliegt aber Schranken.[1] Soweit zwischen dem Vor- und dem Nacherben eine Einigung erzielt werden kann, ist man daher häufig bestrebt, die Nacherbenbindung insgesamt oder zumindest bezüglich bestimmter Einzelgegenstände aufzuheben.

[1] Siehe Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2136 Rn 47.

1. Einführung

Die Nacherbfolge ermöglicht es dem Erblasser die Weitergabe seines Vermögens so zu steuern, dass es beim Erbfall zunächst dem Vorerben persönlich zukommt, später aber nicht dessen Erben, sondern einem vom Erblasser bereits ausgewählten Nacherben. Kennzeichnend für die Nacherbfolge ist also das zeitliche Aufeinanderfolgen verschiedener Erben desselben Erblassers bezüglich derselben Erbschaft. Dabei ist rechtstechnisch der Vorerbe unter einer auflösenden Bedingung oder Bestimmung eines Endtermins eingesetzt, der Nacherbe aufschiebend bedingt oder befristet.[2] Vorerbe und Nacherbe sind beide Erben desselben Erblassers und derselben Erbschaft und folgen nur zeitlich einander nach. Der Nacherbe leitet sein Recht daher in gleicher Weise wie der Vorerbe unmittelbar vom Erblasser als dessen Erbe und Rechtsnachfolger ab und nicht vom Vorerben.[3] Beide haben folglich nacheinander ein ungeteiltes Erbrecht.

Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge bedeutet für den Vorerben eine erhebliche Einschränkung sowohl hinsichtlich seiner lebzeitigen als auch seiner letztwilligen Verfügungsmöglichkeit. Bei Immobilien ist mit der Eintragung des Vorerben von Amts wegen im Grundbuch ein Nacherbenvermerk einzutragen (§ 51 GBO), um einen gutgläubigen Erwerb von einem verfügungsbeschränkten Vorerben zu verhindern.[4] Als bloße Verfügungsbeschränkung steht er nicht in einem Rangverhältnis zu eingetragenen Grundstücksrechten.[5] Eine Befreiung des Vorerben von Verfügungsbeschränkungen ist von Amts wegen zu vermerken (§ 51 GBO). Durch den Nacherbenvermerk ist der Nacherbe nicht nur vor einem gutgläubigen Erwerb unmittelbar vom Vorerben, sondern auch gegenüber jedem weiteren Erwerber geschützt.[6] Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk bewirkt daher keine Grundbuchsperre, auch wenn es sich um eine Verfügung iSd § 2113 BGB handelt.[7] Diese kann der Vorerbe mit vorläufiger Wirkung vornehmen. Das Grundbuchamt darf, wenn die Eintragung des Nacherbenvermerks vorliegt, weder die Einwilligung des Nacherben verlangen noch in die Prüfung eintreten, ob das Geschäft dem Nacherben nachteilig ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Beschränkung auf § 2113 Abs. 1 BGB oder § 2113 Abs. 2 BGB beruht, mithin ob der Vorerbe befreit oder nicht befreit und ob die Verfügung entgeltlich oder unentgeltlich ist. Der Nacherbe ist in diesem Fall durch den unverändert eingetragenen Nacherbenvermerk geschützt.

Soll der Nacherbenvermerk vor Eintritt des Nacherbfalls gelöscht werden,[8] erfordert dies den Verzicht auf den Nacherbenvermerk oder die Bewilligung seiner Löschung durch den Nacherben (§ 19 GBO). Eine Löschung des Vermerks erfolgt auch bei Unrichtigkeit des Grundbuchs (§§ 22 Abs. 1, 22 GBO), die offenkundig oder förmlich nachgewiesen sein muss. Eine Ermittlung von Amts wegen findet nicht statt.[9]

[2] Zawar, NJW 2007, 2353.
[3] BGHZ 3, 254.
[4] § 2113 Abs. 3 BGB; BGHZ 84, 196, 201.
[5] OLG Hamm Rpfleger 1957, 19; zum Inhalt siehe Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014, § 51 Rn 16.
[7] OLG Frankfurt FamRZ 2012, 745.
[8] Danach siehe Palandt/Weidlich (Fn 1), § 2139 Rn 6.
[9] Siehe OLG Frankfurt FamRZ 2012, 743.

2. Übertragung des Anwartschaftsrechts

Fall 1[10]

E setzt seine Ehefrau F zur nicht befreiten Vorerbin ein und bestimmt S und T als Nacherben. Für den Fall, dass einer der Nacherben vor Eintritt der Nacherbfolge versterben sollte, sollen an dessen Stelle seine Abkömmlinge zu unter sich gleichen Teilen als Ersatznacherben treten. Die Nacherbfolge tritt ein beim Ableben der Vorerbin. Nach Eintritt des Erbfalls wird F als Alleineigentümerin eines im Nachlass befindlichen Grundstücks und in Abteilung II des Grundbuchblatts die angeordnete Nacherb- und Ersatznacherbfolge eingetragen. In der Folgezeit übertragen S und T in einer notariellen Urkunde gegen Zahlung einer Abfindung ihre Anwartschaftsrechte auf die Vorerbin. Daraufhin beantragt F die Löschung des Nacherben- und Ersatznacherbenvermerks. Das Grundbuchamt weist den Antrag mit der Begründung zurück, es bedürfe zur Löschung des Vermerks der Zustimmung der Ersatznacherben.

[10] In Anlehnung an OLG Hamm FamRZ 2014, 1151; BayObLG BayObLGZ 70, 137.

a) Form und Auswirkung der Übertragung

Zwischen Vorerben und Nacherben ist während der Vorerbschaft eine Auseinandersetzung nicht vorgesehen, da Vorerbe und Nacherbe in dieser Zeit nicht Miterben sind. Daher besteht auch keine Verpflich...

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